An meinen Mus

In Memoiren habe ich gelesen,
Dass jeder Dichter, wenn er etwas taugt,
Braucht eine Muse – ein begehrtes Wesen.
Was heute allerdings ein bisschen out.

Als eine Frau und offenbar nicht lesbisch
Ich wünsch‘ mir auch ein passendes Objekt
Für meine Verse, lyrisch oder episch,
Und finde dich. Nun, keiner ist perfekt.

Ich gebe zu – ist nicht besonders witzig
Und seitens Schicksal spöttisch und gemein,
Von einer Muse, männlich, Mitte fünfzig,
Mit Bauch und Glatze, inspiriert zu sein,

Und hoffe doch auf das ersehnte Funkeln
Und nenne dich Geschlechtes wegen Mus.
Nach drei Tequilas bist du schön… im Dunkeln.
Nur deine Füße machen mich konfus.

Sie ragen aus der kurzen Federdecke
Und weisen Zeichen der akuten Gicht.
Ich gehe zu dem Schreibtisch in der Ecke
Und reime dieses traurige Gedicht:

„Wie alles in der Welt sind wir vergänglich.
Die Musen altern, die Poeten auch.
Mein Streben nach dem Glück ist unzulänglich
Und im Vergleich zur Ewigkeit ein Hauch.“

Gefällt mir gut. So weise und symbolisch.
Mein lieber Mus, du hast den Zweck erfüllt.
Ich fühle mich so herrlich-melancholisch
In dein uraltes Schnarchen eingehüllt.

29.12.2016

*****

Manche sind gebildet,
andere eingebildet
Manche unwiderstehlich,
Andere wollen es sein.
Einige sind gesprächig,
Schweigsam und still sind welche
Wenige offen und ehrlich,
Viele wahren den Schein,
Dass hinter der Fassade
Farbige läuft Parade:
Leben voller Gefühle,
Rätselhaft und markant.
Doch über all die die Jahre
Mache ich die Erfahrung,
Leider sind nicht so viele
Wirklich interessant.

16.12.2016

Die Liebe

Ich sage der Liebe Lebwohl,
Der Suchenden, der Begehrten.
Einen geschenkten Gaul
Sollte man nicht bewerten.

Wir richten sie trotzdem oft,
Die Leidende, die Verpönte.
Als ob wir davon überhäuft
Und jederzeit haben könnten.

Erleben im nächsten Wahn
Die Hungernde, die Gekränkte,
Bereit die Naive an
Den Spottenden zu verschenken.

Verschone mich Liebe fortan
Mit deinen bizarren Manieren.
Ich nehme Geschenke nicht an.
Ich kann mich nicht mehr revanchieren.

12.12.2016

Die Seelenblindheit

Die Seelenblindheit – meines Geistes Wahn
Nur das zu sehen, was mich nicht verwundet.
Ich hätte dieses schlaue Wort erfunden,
Wenn das schon jemand anders nicht getan.

Über mich selbst am lautesten gelacht,
Aus meinen Fehlern eine Lehre formend,
Entgegen der gesellschaftlichen Normen,
Ich überließ den Träumen ihre Macht

Und lebte wissbegierig, ohne Angst
In meiner Welt, so herrlich-unvollkommen.
Und dann kamst du und hast mir das genommen,
Was du nicht brauchst, belächelst und nicht magst.

Die Zeiten der Gedichte sind vorbei.
Es folgen Seiten der gemeinen Prosa.
Das neue Jahr versetzt mich in Narkose
Mit der erprobten Alltagsarznei.

11.12.2016

Ré­su­mé

Du bleibst eine flüchtige Szene,
Mein ungestilltes Verlangen.
Ich kaufe mir künstliche Tränen,
Die echten sind ausgegangen.

Schon bald wirst du mir nicht fehlen.
Die Freiheit – zurück erworben.
Es gibt keine künstliche Seele
Und meine heut‘ Nacht gestorben.

Ein Versuch philosophisch

Der Weg ist das Ziel und einzig darin,
Glaubt man Camus oder Sartre,
Um unterwegs abzustreiten den Sinn
Dieses absurden Theaters.

Der Mensch ist gelangweilt, verängstigt und klein.
In diese Welt reingeboren,
Erlebt er zuerst sein entfremdetes Sein
Im Geiste beträchtlich verworren.

Zur Freiheit verurteilt und trotzdem nicht frei,
Mit einem Verstand als Trichter,
Erschließt er den Sinn seiner Quälerei
In Überwindung der Ichtheit.

Was ist eine Ichtheit – finde ich nicht
Im schlauen allwissenden Duden,
Als ich auf der Suche nach Weisheit erpicht
Durchblättere die Talmuden.

Ach hätte ich besser im Kurs aufgepasst
Im vierten Semester der Uni,
Statt Grenzen zu testen den Noten zur Last –
Mein Sohn kam zur Welt im Juni.

Der alte Professor der Philosophie
Ein bisschen verrückt und grantig,
Ersparte mir damals die Welt der Sophie,
bevölkert mit Geistesgiganten.

Ich habe bestanden. Dank Plato genannt
Das schwangere Kugelwesen.
Verzeiht mir, Sokrates und Hegel und Kant,
Ich hab‘ euch zumindest gelesen!

07.12.2016

Im Konzert

An einem Ort wie dieser schweigt das Wort.
Hier ist Musik die throngeweihte Zarin.
Idealistisch in das Ziel verbohrt,
Das Gute in dem Menschen zu bewahren,

Ihn aufzuwecken, wenn sein Herz verstockt,
Den schlaffen Geist mit Klängen zu berühren,
Durch ihre treue Diener angelockt,
In eine Welt der Künste zu verführen.

An einem Ort wie dieser glaube ich,
Gewollt naiv, verzeihend und vergesslich:
Es gibt kein Leid und keinen Bösewicht,
Mit Absichten gewissenlos und hässlich.

Hier liebe ich die Menschen nur dafür,
dass sie sich in die Höhe treiben lassen
Und klopfen schüchtern an der Himmelstür,
das Göttliche imstande zu erfassen.

02.12.2016