Die Party

Die Party ist vorbei. Da draußen wartet keiner.
Wenn doch, dann nicht in der geliebt-bekannten Form.
Es scheint, ich bin zum Schluss mit dieser Welt im Reinen,
Für anderen Bereich bestimmt zu wenig fromm.

Und wenn ich ehrlich bin, fällt es mir schwer zu glauben,
Dass für die Mühe hier, mich irgendwo ein Lohn
Erwartet. Hier und jetzt war ohne Wenn und Aber
Für meinen müden Geist die letzte Station.

Die Party ist vorbei. Es war nicht immer spannend,
Nicht alle Gäste nett, nicht immer amüsant
Und streckenweise fies, wie Pleiten, Pech und Pannen,
Als Schicksal oder Los gelegentlich bekannt.

Mein Auftritt in der Show verlief ganz gut im Ganzen,
Jedoch nicht immerfort in einem hohen Maß.
Ich akzeptierte die Plus-Minus Toleranzen
Und setzte oft im Spiel auf das verdammte Ass.

Verlor dabei mein Herz, den Glauben und die Träume,
Doch niemals den Verstand – ich mag ihn irgendwie.
Zusammen wollten wir die Pointe nicht versäumen
Von jedem neuen Tag der flinken Se la vie.

Und nun ist es vorbei, das aussichtslose Treiben,
Gesättigt und erschöpft die alte Partymaus.
Geliebter Regisseur, lass mich ein Bisschen bleiben
Ich schlafe meinen Rausch noch eine Weile aus.

31.01.2017

Ein guter Vorsatz

Wie egozentrisch sind doch manche Dichter!
Mit „manche“ mein‘ ich selbstverständlich mich.
Sogar wenn ich für dich Sonette dichte,
dann in Bezug auf mein verliebtes Ich.

So viele Wörter, die auf Ich sich reimen,
In deutscher Sprache gibt es leider nicht.
Es auszulöschen, so gesagt, im Keime,
Würde sich lohnen schon für das Gedicht.

Daher will ich (O Himmel! Nicht schon wieder!)
Großzügig, selbstlos und bescheiden sein.
Die Welt wird es bemerken und erwidern –
Sie dreht sich schließlich nur um mich allein!

27.01.2017

Psychotherapie

Gereimte Zeilen haben mehr Gewicht –
Das ist mir irgendwann mal aufgefallen.
Jetzt packe ich mein Grübeln ins Gedicht
Und tu‘ damit uns allen ein Gefallen.

Kein Feind wird mehr belästigt und kein Freund
Mit Themen, die nur mich interessieren,
Unnötig ist ein Psychotherapeut
Und stundenlanges stummes Meditieren.

So manche Sprüche bohren sich ins Ohr.
Ich forme sie zu frechen Epigrammen
Und komme mir so klug und weise vor
Wie Demokrit und Cicero zusammen.

Ob beim Spaziergang oder auf der Flucht
Vor ödem Alltag, Jambus und Choreus
Begleiten die von mir geliebte Sucht
Im Rhythmus meines flatterigen Egos.

Verliebt-verblödet und vor Sehnsucht krank,
Verfasse ich sentimentale Verse,
Verstecke sie, was meistens, Gott sei Dank,
Verhindert Missverständnisse diverse.

Zusammenbrüche, Zweifel und Burnout
Vermeiden lassen sich, ganz gut zuweilen,
Durch die Geburt gelungener Vierzeiler
(Für mich so wichtig wie das täglich Brot).

Es wirkt durchaus, das dichterische Gen,
wie eine Kur bei seelischen Problemen.
Was für ein kurioses Phänomen,
Dass Krankenkassen sie nicht übernehmen!

26.01.2017

Ich will, dass du mich kennst

Ich will, dass du mich kennst, warum auch immer,
Zu deinem Leben irgendwie gehören.
Gereimte Wörter landen im Gewimmer –
Ich kann sie selbst auf Dauer nicht mehr hören
Und werfe sie wie Perlen vor die Schweine
Ins Maul dem satten digitalen Werwolf –
So wenig sind sie mir inzwischen wertvoll.
Ihr Klang ist schnell im dunklen Raum verschollen.
Warum sollst du mich kennenlernen wollen?
Ich würde auch verzichten auf so eine.

25.01.2017

An den Januar

Herr Januar schreibt depressive Zeilen
Und ist bei mir als Dichter unten durch.
Schon wieder schildert er von Langeweile,
Von Kalt und Grau, von Tränen und von Furcht.

Es gab auch Zeiten, als wir beide, knackig,
Robust und frisch und voller Energie,
Und lustig wie die frechen Donkosaken,
Empfinden konnten ohne Nostalgie.

Wir liebten Bäume und verschneite Wege
Und Ausflüge bei Minus Dreißig Grad.
Lass mich in Ruhe, mürrischer Kollege,
Mit deinem rezidiven Plagiat.

Dein dekadenter Stil ist abgedroschen,
Vergleiche und Metapher ausgelutscht.
Ich bin gerade mit Gespann und Droschke
In meine frühe Kindheit ausgerutscht.

25.01.2017

Verrat

Ich habe dich sooft verraten,
Mein scheues dichterisches Ich,
Verneinte deine Attentate
Und ließ die Träumerin im Stich.

Ich fand dich peinlich und euphorisch,
Untalentiert und unmodern
Und schloss die Augen und die Ohren
Davor, was du verteidigst gern.

Dem Tauben warst du ausgeliefert
Und einem Blinden zugeschickt,
Mal eingepackt in heikle Briefe,
Mal im Sarkasmus fast erstickt.

Doch du kamst trotzdem immer wieder,
wie eine kleine Renaissance,
Befahlst dem Kopf und schlafen Gliedern,
Dass ich nach deiner Pfeife tanz.

Wie ein naives stures Mädchen
Und hibbelig wie eine Laus,
Erzähltest wundervolle Märchen
Und spieltest meine Schwächen aus.

Belehrtest mich in Sachen Liebe,
Verlangtest frei und echt zu sein
Und warst dann weg – ich kriegte Hiebe
Und leckte meine Wunden rein.

24.01.2017

Hast du versucht, den Schmetterling zu küssen?

Wenn Petrus weise wäre, was ich glaube,
So würde er vielleicht am Himmelstor
Den Neuling fragen: Was führt dich nach oben?
Was hast du in dem Siebten Himmel vor?

Womöglich hätte er im Fragebogen
Erfasst den sozusagen letzten Stand,
Nicht ob man klaute, fluchte und gelogen,
denn uns’re Schwächen sind auch da bekannt.

Die wichtigeren Fragen: Warst du glücklich?
Mit wem vertraut-verbunden und wie lang?
Und hast du deinen Jugendtraum verwirklicht?
Wie oft verpasst den Sonnenuntergang?

Wie viele Länder oder Kontinente
Hast du mit einem Rucksack überquert?
Genossen die verzauberten Momente,
Die deine Schicksalsfee dir gewährt?

Hast du gelernt dem Notenklang zu lauschen?
Die Schweigsamkeit des Weiseren geschätzt?
Und welche Düfte konnten dich berauschen?
Wann hattest du perfekten Sex zuletzt?

Hast du versucht, den Schmetterling zu küssen?
Warst du leichtfüßig wie ein Vagabund?
Und überzeugt, was Dummes tun zu müssen
Aus einem idealen guten Grund?

Und mancher, frisch verstorben, würde ohne
Verständnis abgewiesen, trotz des Leids,
Wenn eine Auferstehung sich nicht lohne,
Weil auch lebendig war er tot bereits.

Wenn Petrus weise wäre….

 

21.01.2017

Empörung

Wie ist es möglich länger auszuhalten?!
Den Schock über die ersten tiefen Falten,
Die grauen Haare, die wie Pilze sprießen,
Über die neuen Handys nichts zu wissen,
Den hormonellen Umschwung und die Pein,
Als Frau nicht mehr begehrenswert zu sein.

Wie soll man diese Tatsachen ertragen?!
So unspektakulär vergehen Tage
Und, ganz zu schweigen, schlaflos lange Nächte,
Auf neue Liebe ausgemerzte Rechte
Und andere uns auferlegten Hürden.
Es gibt nur eine Möglichkeit – mit Würde!

17.01.2017

An den Musiker

1.
Ach wäre ich doch zwanzig Jahre jünger,
Naiv und frei von allerlei Bedenken,
Verliebt in deine virtuosen Finger,
Die so gekonnt eine Ekstase schenken
Der stöhnenden und weinenden Gitarre –
Der einzigen und willigen Geliebten.
Ich wäre fähig Tage auszuharren
Für eine Stunde im besagen siebten
Und unerreichten Himmel. Auf der Erde
Verbringe ich den Rest von meinem Leben
Aus schwacher Hoffnung und aus deren Scherben:
Es könnte auch für mich ein Comeback geben.

2.
Dein neues Lied, wenn auch nicht mir gewidmet,
Erzählt mir, was ich wieder glauben möchte,
Die eingefleischte Skepsis überwindend:
Es gibt sie doch, die schlaflos schönen Nächte
Mit den gereimten Worten auf den Lippen,
Mit einem Wunsch nach Nähe in den Augen
Und mit den Fingern, die auf meinen Rippen
Die Melodie der Leidenschaft erzeugen.

3.
Der Weg nach Hause führt durch dunkle Kälte.
Kontraste machen uns nicht immer glücklich.
„Hör auf zu träumen, dumme alte Krücke.
Er ist ein Gast aus parallelen Welten,
Zu jung, zu selbstverliebt, zu expressiv
Und höchstwahrscheinlich manisch-depressiv!“

16.01.2017

Die Primzahlen-Romanze (Fabel)

Die schlanke Elf, verliebt und reizend,
Sprach ungekünstelt zu der Dreizehn:
„Uns Zahlen gibt es eine Schar,
Doch wenige als Zwillingspaar.
Wir beide sind so einzigartig,
So einsam. Und wozu noch warten
Auf Stelldichein mit irgendwem
In einem schlauen Theorem.“

Die müde Dreizehn seufzte leise
(Sie hielt sich für besonders weise):
„Die Zweisamkeit ist gar nicht cool.
Ich bin ja schließlich keine Null,
Die sich an alle Zahlen klammert,
Sonst ist sie nichts. Was für ein Jammer!
Doch eine Primzahl wiederum
Ist selbst ein Individuum.“

„Das bin ich auch!“ – versprach das Elfchen.
„Dir fehlt ein Wert – ich habe welchen.
Zusammen bilden wir zumal
Die Vierundzwanzig – ein Zahl
Mit weiteren Bewusstsein Grenzen
Und sozialen Kompetenzen,
Ein Team, durch drei und acht geteilt,
Wenn nicht, dann bleiben wir zu zweit.
Was für ein Traum, normal zu sein!
Und niemals, niemals mehr allen!“

Die Dreizehn: „Elf, was willst du hören?
Ich kann dich leider nicht begehren.
Vom abergläubisch-dummen Volk
Als Buhmann wurde ich verfolgt.
Erspar‘ mir die Gefühlsergüsse –
Ich bin für diese Welt verschlüsselt
Und unersetzlich irgendwie
Auf dem Gebiet Kryptographie.
Verzeih‘ mir meine raue Seite,
Ich bleibe stets ein Außenseiter,
Mit Drei plus Zehn bereits zu zweit –
Gespaltene Persönlichkeit.“

Verletzt in ihrem Selbstbewusstsein
Verstummte Elf. Was sie nicht wusste,
Dass manche Träume sind nur schön,
Wenn sie nicht in Erfüllung geh’n;
Dass viele krumm gestrickte Zahlen,
Ob Primchen oder die „Normalen“,
Sind nur verschlossen angenehm
In ihrem eigenen System.

15.01.2017