Ich brauche dich

Ich brauche dich. Genug der Lügen –
Ich möchte wissen wie es ist,
Entspannt auf deinem Bauch zu liegen
Wenn draußen dunkel, kalt und trist.

Ich möchte wissen, wie es wäre
Mit dir zusammen unterwegs
Den warmen Wind des Mittelmeeres
Zu atmen, glücklich und relax.

Den ganzen Abend durchzutanzen,
Betrunken von Musik und Wein,
Von peinlich-schnulzigen Romanzen
Sentimental berührt zu sein

Und wie von einem Troll besessen
Zu lachen. Und von dir geweckt,
Zum Frühstück Erdbeereis zu essen.
Ich möchte wissen, was dir schmeckt,

All deine Stärken und die Schwächen,
Und ob ich dir vertrauen kann,
Um ohne Zweifel auszusprechen:
Mein Freund, mein Einziger, mein Mann.

25.02.2017
(Illustriert von Lilija Grieger)

So wohne ich

Ich hänge nicht an Gegenständen,
War nie für Spießigkeit bekannt,
Doch diese vier geliebten Wände,
Mein Paradies am Straßenrand,

Wo Jung und Alt, wo Hund und Katze
So leben kann, wie ihm begehrt,
Ist mir wohl doch ans Herz gewachsen
Und war der ganzen Mühe wert.

Hier wohnt mein Sofa – mein Komplize –
Uns beiden steht die Farbe Rot –
Versteht er mich zu unterstützen
In guten Zeiten und in Not.

Mein Wertester, bezahlt in Raten,
Mit bunten Kissen schön verziert.
Er würde niemandem verraten,
Was hier gelegentlich passiert.

Direkt daneben – Panasonic –
Zur Außenwelt die schmale Tür.
Sehr unterhaltsam, Zweifel ohne,
Doch leider tanzt er nicht mit mir.

Gleich um die Ecke – mein Verführer,
Im Haus – der einzige Tyrann:
Ein Kühlschrank Kaste Unberührbar –
Ab 19 Uhr darf ich nicht ran!

Die Palme wie ein Irokese,
Sechs Stühle mit dem Drachen drauf.
Ein alter trauriger Chinese
Hat sie geboten zum Verkauf.

Gezähmte wilde Orchidee,
So selbstverliebt und unverschämt,
Verkörpert bildlich die Idee:
Es lebt sich wohliger gezähmt.

Der holden Königin Geschwister,
Gemalt in Technik Aquarell,
Sich hier für immer eingenistet,
Gestalten Räume farbig-hell.

In jedem Zimmer hängen Spiegel.
Die eitlen Biester sind gemein.
Ich werde sie demnächst verriegeln –
So viel Kritik verträgt kein Schwein!

Der stolze Inhalt eines Bildes,
Ein Löwe schützt mein Schlafrevier.
So hab‘ ich immer etwas Wildes
Wenn nicht im Bett, dann über mir.

Noch mehr Details – muss keiner wissen,
Das Thema wechseln wir diskret.
(Denn niemand sollte hier vermissen
Den Anstand sowie Etikett.)

Dann gibt es noch die vielen Bücher –
Den sehr persönlichen Bereich.
Bin in Gesellschaft toter Dichter
Und fühle mich an Freunden reich.

Die lebenden sind auch willkommen.
Der Garten lockt uns an die Luft.
Und macht gesellig und benommen
Mit kalten Drinks und Rosenduft.

Ich weiß, mein Leben ist kein Märchen,
Mein Haus kein Schloss und dann und wann
Pellt ab und krächzt das alte Möhrchen.
Ich pflege es, so gut ich kann.

Und würde es bestimmt nicht tauschen,
Wer immer Ansprüche erhebt.
Den kalten Glanz bereits erlebt,
Las‘ ich mich nochmal nicht berauschen.

Die Unabhängigkeit (eine kurze Fabel)

Die Unabhängigkeit war sichtbar überrascht,
Als sie sich sah, Entschuldigung, im A…
Und suchte ganz verzweifelt irgendwen
Mit altruistischen Prinzipien.
Gelingt es ihr, denjenigen zu finden
In diesem dunklen Ort der bösen Winde?
Ich weiß es nicht. Ich bin kein Proktologe.
Doch scheint mir die Begegnung ziemlich logisch.

10.02.2017

Freiheit und Einsicht (Fabel)

Es lebten einst zwei einflussreiche Schwestern.
Die Freiheit war rebellisch und naiv
Und glaubte an den edlen Traum von gestern
Als man sie noch zu Barrikaden rief.
Sie pochte immerzu auf ihre Rechte,
Hat über Pflicht und Spießigkeit gelacht
Und ahnte nicht, wie viele lange Nächte
Ihr dummer Stolz die Menschen einsam macht.

Die Einsicht war die älteste von beiden
Besaß Verstand, Geduld, Vernunft und Fleiß.
Die Weisheit half ihr weniger zu leiden,
Die Demut abverlangte ihren Preis.
Sie schätzte Freundschaft und die wahre Liebe
Und führte die Erziehungsarbeit aus.
Die Wenigen, die trotzdem frei geblieben,
Bewahrte sie vor Zucht- und Irrenhaus.

Auf einen Frieden gab es keine Aussicht.
Von ihrer Unversöhnlichkeit bestürzt,
Vereinsamte die Freiheit ohne Einsicht,
Die brave Einsicht fühlte sich benutzt.
Für einen Geist sind beide von Bedeutung:
Vernunft und Feuer, Sachlichkeit und Glut.
Und wie es aussieht, leben sie noch heute
In meinem widersprüchlichen Gemüt.

09.02.2017

Das Wesen der Liebe (1)

Was ist die Liebe? – streiten die Gemüter:
Ein starkes uns berauschendes Getränk?
Des Geistes Wahn oder des Herzens Güte?
Ein Ausfall? Eine Krankheit? Ein Geschenk?

Ich aber weiß – sie ist ein Lebewesen,
Ein Parasit, der immer größer wird.
Das klingt verrückt, doch bin ich auch gewesen
Des dreisten Gastes hilfsbereiter Wirt.

Der freche Zwerg, der sich zu helfen wusste
Und meine Schwächen kannte ziemlich gut,
Benötigte zum Leben mein Bewusstsein
Und saugte mir Hormone aus dem Blut.

Er wuchs sehr schnell und testete die Grenzen,
Tyrannisierte mich von früh bis spät
Und ohne Rücksicht auf die Konsequenzen
Bescherte mir die zweite Pubertät.

Die Welt war plötzlich rosig und verschwommen.
Hallo Verlangen und Ade Verstand!
Ich habe fünfzehn Kilo abgenommen,
Was, zugegeben, mir großartig stand.

Es ging so weit, dass dieser kleine Bastard
Das Recht auf meine Freiheiten erwarb.
So fühlte ich mich demgemäß entlastet
Als mein Bewohner eines Tages starb.

Die Liebe ist für mich ein Lebewesen.
Sie kommt und bleibt und stirbt wie es ihr passt.
Was allerdings nicht widerspricht der These:
So wie der Wirt, so sein erhoffter Gast.

06.02.2017

Die Nacht (Fabel)

Der helle Tag, verrückt vor Sorge,
Erzählte seinem Bruder Morgen,
Dass ihre Schwester, dunkle Nacht,
Wird bloßgestellt und ausgelacht.
Statt still und brav zu sein – mitnichten! –
Liebt sie Musik und bunte Lichter,
Trink literweise Bier und Rum
Und treibt sich in den Kneipen rum.
Dann diese peinlichen Exzesse
Und sexuellen Interessen,
Die Clubs, das Tanzen und der Suff –
Sie bringt sich selber in Verruf.

Der gute Morgen sprach verdrießlich:
Ich sollte sauer sein, denn schließlich
Hat diese kleine Schlampe Nacht
Mich heute um den Schlaf gebracht.
Ich konnte es vorher nicht ahnen,
Sonst würde ich sie schon ermahnen.
Doch gestern war ich lange weg –
Hab‘ die Australier geweckt.
Mit Bruder Abend sollst du sprechen –
Er nimmt sie meistens mit zum Zechen!

Ein Lebemann und faule Socke
Der jüngste Bruder sagte trocken
Als er das hörte: Tut mir leid,
Für sowas hab‘ ich keine Zeit.
Private wichtige Termine
Und schöne junge Konkubinen
Erwarten mich. Und wisst ihr was?
Die Nacht ist jung und braucht den Spaß
Ich bin kein Hüter alter Sitten
Und kein verdammter Babysitter.
Lasst die Vergnügte wie sie ist
Und kümmert euch um euren Misst.

So ist es oft: Der Tag hat Sorgen,
Verschiebt sie auf den nächsten Morgen.
Der Abend windet sich subtil
Und nur die Nacht macht was sie will.

04.02.2017