Das Glück

Aus hundertfünfzig Millionen Zellen
Hat die Natur die meine auserwählt.
Daraus entstand ein Mädchen namens Nelli
Was ohnehin schon zu den Wundern zählt.

Doch statt dem lieben Gott dafür zu danken,
Befragte ich den Schöpfer nach dem Sinn:
Wozu, weshalb, warum nicht etwas schlanker
und glücklicher ich seiner Meinung bin.

Der liebe Gott ist meistens sehr beschäftigt
Und zeigt sich einem armen Sünder kaum.
Darum erschrak ich neulich nachts so heftig,
Als er erschien und sprach in meinem Traum:

„Du manisch-depressive Schlaftablette,
Vergeudung meiner Kräfte und Elans!
Mal trostlos wie das regnerische Wetter,
Mal hibbelig wie eine dürre Wanz.

Ich habe dir das Nötigste gegeben:
Talent, Gefühle, Körper und Verstand.
Allein deswegen lohnt es sich zu leben,
Substanziell und tätig allerhand.

Es war nicht einfach dich zu animieren,
Zum Verse schreiben, zum Roman schon recht.
Ich musste dir die Sätze fast diktieren!
Ok, so manche waren wirklich schlecht.

Ein schönes Los, wenn wir beim Thema bleiben,
Gereimtes Zeug zu zaubern aus dem Hut.
Allein deswegen lohnt es sich zu schreiben.
Ok, so manche waren wirklich gut.

Wahrscheinlich hab‘ ich etwas übertrieben
Mit den Hormonen, sprich Temperament.
Sich permanent in Falsche zu verlieben,
War wohl ein überflüssiges Talent.

Daher Enttäuschung und Desinteresse
Bezüglich Ehe. Doch der ganze Frust
Hat sich denn noch gelohnt und war vergessen
Mit einem hübschen Baby an der Brust.

Nicht meine Schuld, dass du bevorzugst süße
Und fette Speisen, Schlankheit a apropos.
Du bist bestückt mit Händen und mit Füßen,
Mit klugem Kopf und einem runden Po.

Was du damit im Laufe der Jahrzehnte
Erreichen könntest seit dem Abitur!
Obwohl, als Model für die Wackelenten
Hast du die angemessene Figur.

Das Glück, du Schaf, ist überall verborgen:
Als Gänsehaut in einem schönen Song,
Im langen Schlaf an einem Sonntagmorgen
Und im Gewühl der Straßen von Hongkong.

Die Liste lohnt sich gar nicht fortzusetzen –
Finita la comedia, mein Kind.
Wer seine Einzigartigkeit nicht schätzte,
Hat eine nächste Folge nicht verdient.“

An dieser Stelle, blas und schweißgebadet,
Dank Gott und Wecker, wurd‘ ich plötzlich wach
Und dachte mit Verspätung: „Wirklich schade,
Dass ich so selten mit dem Alten sprach.“