Ein Vergleich

Die Katze wälzt sich im Dreck,
Schüttelt sich einmal aus
Und kommt wieder hübsch und keck
Und elegant nach Haus.
Ich brauche den halben Tag,
Um bei gedämmten Licht,
Mit Farbe, Schminke und Lack
Für Haare und fürs Gesicht
So auszusehen, als ob
Noch einigermaßen frisch.
Das Frausein – ein schwerer Job.
Ach, wäre ich lieber ein Fisch!

Die letzte Inventur

Das Leben, eine Abenteuer-Tour,
Erfordert bald die letzte Inventur.
Erstellung einer ehrlichen Bilanz
Hat zugegeben keine Relevanz
Für einen selbst. Das Für-und-Gegen dich,
Gewinne und Verluste unterm Strich,
Versteckte Kosten, Schulden und auch mehr –
In zwanzig Jahren weiß es keiner mehr.
Ob du großzügig warst oder gemein,
Kommt abgekürzt als Fazit auf den Stein.
Und nicht mal das, wenn Erbende beharren
Darauf, an deinem Ehrenmal zu sparen.

Hängend an den Fäden meines Verstandes

Hängend an den Fäden meines Verstandes
Und zum Überleben sichtbar imstande,
Bin ich auch in praktischen Dingen keine Närrin,
Meiner Gefühle meistens die Herrin.
Liebe ausdrucksvolle und verspielte Worte,
Auch die von der etwas sarkastischen Sorte,
Froh und stolz wie Oskar über die Existenz
Meines Selbstbewusstseins, nämlich Intelligenz
Inklusive Fähigkeit, beim abstraktem Denken
Im Geistes Kamasutra den Kortex zu verrenken.
Habe zwei Diplome – mein Aushängeschild,
Suche mir die Freunde aus nach meinem Ebenbild
All die Legastheniker und Introvertierten,
Die ich stets verscheuchte oder ignorierte,
Kamen nicht in Frage. Jetzt schäme ich mich dessen.
Nun, was man nicht kennt, das sollte man nicht essen.

Selbstverliebte Menschen haben ´was gemeinsam:
Reden ohne Hören macht bekanntlich einsam.
Das habe ich begriffen auf meine alten Tage,
Dementsprechend immer weniger zu sagen
All den Besserwissern und den stolzen Leien
Mit dem Denkvermögen der lauten Papageien,
Den angepassten Dieben von fremden Gedanken,
Den Tauben, Abgestumpften und Narzisstisch-Kranken.
War ich nicht mal selbst ein somatischer Unfall,
Leidend permanent an rhetorischem Durchfall,
Ohne es zu merken, wie uns Worte trennen,
Oder müde machen oder beklemmen?
Ob es nun natürlich, logisch oder feige,
Weiß ich jetzt zu schätzen den Anstand des Schweigens.
Führe Selbstgespräche ohne Zweck und Sinn,
Um nicht zu vergessen, wie schlau ich doch bin!

Das Jammern

Die Jammerer, die jungen und die alten,
Besitzen dieses fragliche Talent,
Das Übliche für einen Fluch zu halten
Und sind darin erstaunlich konsequent.
Gehört zum Herbst das miese kalte Wetter,
Zum Alter Rheumatismus und Verschleiß!
Und wenn ich das Talent nicht selber hätte,
So würd‘ ich sagen: Seid doch endlich leis!
Genießt die Mannigfaltigkeit des Lebens
Und findet für den Abschied Zeit und Mut.
Wer viel genommen, hat auch abzugeben.
Obwohl ein bisschen Jammern tut so gut!

Wetterfühlig

Gefühle und das Wetter sind nicht käuflich,
Sie sind zwar unbeständig, aber frei.
Ob schlecht, ob gut und allgemein gebräuchlich –
Das ist den Sonderlingen einerlei.

Im Gegensatz zu unseren Gedanken,
Manipulierbar und auch fremdbestimmt,
Sind sie spontan und eigensinnig schwankend,
Mal Glück, mal Strafe, oder wie man’s nimmt.

Ich dachte, ich bin frei und unabhängig,
Und nun versklavt von eigenem Gemüt,
Getrieben von den Wolken in die Enge,
Durch meine Herkunft gar nicht abgebrüht,

Beschwöre ich den Wettergott um Gnade.
Die grauen Zellen frieren im Gehirn.
Gestrenge Herren* starten die Parade,
Die kalte Sophie zeigt mir ihre Stirn.

* Die Eisheiligen

Zwei Schlangen (Eine Fabel)

Zwei Schlangen treffen sich im Feld.
Geächtet von der ganzen Welt,
Nicht hübsch und vom Charakter träge,
Schwarz-braun gefärbt und Brillenträger –
Gefährlich, giftig, primitiv,
Nur für einander attraktiv.
Das Männchen bäumt sich auf im Bogen,
Das Weibchen windet sich gewogen.
So, gegenseitig heiß begehrt,
Sind sie schon fast beneidenswert.
Kein falscher Stolz und keine Flausen!
Und neulich, in der Mittagspause,
Sah ich sie, immer noch verknallt,
Jedoch in menschlicher Gestalt:
Nicht hübsch und vom Charakter träge,
Die Zicke und die Nervensäge,
Und resümierte: Eigentlich
Ist glücklich sein erstaunlich schlicht!
Denn bist du eine flache Flunder,
Lass‘ dich von Ähnlichen bewundern.

Der Zweifel

Der Zweifel ist mein Glaube, zweifelsohne.
Ich spinne stets in eigener Regie,
Sonst wäre ich noch fromm wie die Mormonen
Und machtbesessen wie Scientology.

Er macht mein Leben etwas ungemütlich,
Denn nicht zu wissen – ist ein schweres Los.
Das Hin und Her befördert mich minütlich
Vom Wolkenkratzer in das Erdgeschoss.

Mein sturer Kopf verhält sich eigensinnig
Und traut nicht mal der Ampel neuerdings.
Nur eins ist klar: Ich zweifle, also bin ich,
Mein eigen Quälgeist und die dunkle Sphinx.

Das Glück

Unlängst war ich am Überlegen:
Wie konnte ich mein Glück verlegen?
Es war doch immer greifbar nah,
Egal was ringsherum geschah.
Und als ich damals fast ertrunken,
Hat es mir freundlich zugewunken,
Doch retten musste ich mich selbst,
Ob es mir passt oder gefällt.

Im Urlaub oder im Konzert,
Schon im Voraus von mir begehrt,
Erschien es, flüchtig, unvollkommen,
Und ist mir jedes Mal entkommen –
Bevor ich es am Schopf gepackt,
Doch mit dem Teufel einen Pakt,
Dank Goethe, wollte ich nicht schließen –
Hat keinen Sinn, wie alle wissen.

Und trotzdem, hab‘ ich es gesucht,
Geplagt von Ungeduld und Sucht
Nach neuen Menschen oder Orten,
Nach Lob- und Anerkennungsworten,
Erahnte es im Liebesschwur
Und in der Stille der Natur.
Das Holde blieb mir unzugänglich,
Zu illusorisch, zu vergänglich.

Es zeigte manchmal sein Gesicht
In dem gelungenen Gedicht,
In der Musik vertrauten Klängen,
Sogar im menschlichen Gedränge!
Verschwand dann doch zu meinem Pech
Im oberflächlichen Gespräch.

Mein Glück, ich fühle mich betrogen:
Ein kranker Junkie ohne Droge,
Seit Jahren bin ich auf Entzug!
Es war von dir kein feiner Zug,
Im Dunkeln tappen mich zu lassen
Und meine Nerven zu verprassen,
Wobei, gepaart mit Lebensgier,
Warst du die ganze Zeit in mir!

Die Weisheit wurde mir bewusster
Als ich den Schlüssel suchen musste,
Deshalb ein Treffen abbestellt,
Die Wohnung auf den Kopf gestellt
Und dann, zu meiner Überraschung,
In meiner vollgestopften Tasche
Da fand ich ihn, den Heißbegehrten,
Als ich den ganzen Kramm entfernte,
Obwohl, ich bin doch nicht verrückt! –
Drei Mal in diese reingeguckt!

So ist es auch bei Unsereinem
Mit Glücksgefühlen jeder Art.
Wer hektisch ist, der findet keine
Und kriegt ein fades Surrogat.

Radio

Ich bin ein Radio. Ich sende dir Signale.
Vielleicht sind meine Wellen doch zu kurz?
Sogar Delfine, Haie oder Wale
Kommunizieren besser, sonsten würd’s
Bei dir schon klingeln und bereits geschehen –
Dein Auferstehen aus dem Kälteschock.
Hast du noch nie ein Radio gesehen
Mit Dekolleté, in einem kurzen Rock?

Freundschaft Plus

Man nennt es heutzutage Freundschaft Plus,
Wobei das „Plus“ funktioniert am besten.
Mit Candle-Light-Romantik ist jetzt Schluss
Die One-Night-Stands und Ehen waren gestern.

Wozu die ganze Mühe und der Stress:
Den Partner um den kleinen Finger wickeln,
Umwerben, daten? Heute macht man es
Mit dem Gemüt der willigen Karnickel,

Pragmatisch, frei und seelisch unversehrt –
Man ist ja bei dem Freund in guten Händen!
Das Weiblein muss nicht mittags an den Herd,
Das Männlein bügelt selber seine Hemden.

Zusammen frühstücken – ist eben nicht mehr in,
Man schläft gesünder in getrennten Betten.
Du wolltest mehr? Was für ein dummer Spleen!
Beziehungsfähig? Bis du noch zu retten?!

Und ganz, ganz wichtig – Kuscheln ist Tabu!
Wer Wärme will, im Coolsein unzulänglich,
Der fliege zu den Stränden Malibu,
Obwohl auch die für Fußvolk unzugänglich.