Das Wesen der Liebe (1)

Was ist die Liebe? – streiten die Gemüter:
Ein starkes uns berauschendes Getränk?
Des Geistes Wahn oder des Herzens Güte?
Ein Ausfall? Eine Krankheit? Ein Geschenk?

Ich aber weiß – sie ist ein Lebewesen,
Ein Parasit, der immer größer wird.
Das klingt verrückt, doch bin ich auch gewesen
Des dreisten Gastes hilfsbereiter Wirt.

Der freche Zwerg, der sich zu helfen wusste
Und meine Schwächen kannte ziemlich gut,
Benötigte zum Leben mein Bewusstsein
Und saugte mir Hormone aus dem Blut.

Er wuchs sehr schnell und testete die Grenzen,
Tyrannisierte mich von früh bis spät
Und ohne Rücksicht auf die Konsequenzen
Bescherte mir die zweite Pubertät.

Die Welt war plötzlich rosig und verschwommen.
Hallo Verlangen und Ade Verstand!
Ich habe fünfzehn Kilo abgenommen,
Was, zugegeben, mir großartig stand.

Es ging so weit, dass dieser kleine Bastard
Das Recht auf meine Freiheiten erwarb.
So fühlte ich mich demgemäß entlastet
Als mein Bewohner eines Tages starb.

Die Liebe ist für mich ein Lebewesen.
Sie kommt und bleibt und stirbt wie es ihr passt.
Was allerdings nicht widerspricht der These:
So wie der Wirt, so sein erhoffter Gast.

06.02.2017

Ein Gedanke zu „Das Wesen der Liebe (1)

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