Der Preis der Freiheit

Das hilfsbereite Mütterchen Europa
Bot mir ein Fetzchen Stoff von seinem Hemd.
Nun, gut versorgt mit Brot und Seifenopern,
Nach dreißig Jahren bin ich nicht mehr fremd
Im Paradies der braven Konsumenten,
Auch wenn das Konsumieren mir nicht liegt.
Ich sammle lieber spannende Momente
Und singe meines Arbeitgebers Lied.
Wie viele hier: als Bürger unabhängig,
Als Arbeitnehmer vorsichtig-konform.
Wer glaubt, dass er hier frei sein kann, ist selig.
Man sucht sich nur die schonendere Form
Des Alltagszwangs den Umständen entsprechend.
Wer frei sein will, verlässt das Wohlstandsgrab
Und lebt barfüßig, arm und glücklich lächelnd
Unter den Palmen auf der Insel Yap.

Das Gebet Nr. 1

Träume. Romantisch-obszön.
Was nicht ist, kann noch werden,
Wie im Himmel so schön,
Doch wohl eher auf Erden.
 
Ohne Verzicht – kein Gewinn.
Ohne Dorn – keine Gnade.
Nach dem Ende – Beginn.
Nach dem Kreis – Promenade.
 
Lieber allein – als tot.
Ohne Einheit – kein Ganzes.
Gib mir mein täglich Brot:
Leben, und lieben, und tanzen.
 
20.10.2016