Desillusion

Die Schicksalswege sind nicht uns’re Wege –
In meinem Fall anschaulich ausgeübt:
Ich hab‘ ein Jahr gebraucht, um dich zu mögen;
In Viertelstunde hast du mich entliebt.
Ganz ohne Nebenwirkungen. Phantastisch!
Du hast Talent als Laien-Therapeut.
Bin wieder witzig, praktisch und sarkastisch
Und habe auch kein einzig‘ Mal bereut,
Was ich gefühlt, gedacht, gesagt, gedichtet –
Die Utopie erfüllte ihren Zweck.
Es war nicht echt, und trotzdem war es richtig,
Aus einer langen Lethargie geweckt,
Ein neues Ziel ins Augenlicht zu fassen
Und frei zu sein, auch wenn es machbar kaum.
Ich könnte eine Studie verfassen:
„Wie nutze ich pragmatisch meinen Traum“.
Ich danke dir für diese Viertelstunde!
Und schlage vor, in einer Fusion
Mit mir zusammen ein‘ Verein zu gründen
Mit einem Schwerpunkt Desillusion.

22.11.2016

 

Eine bittere Erkenntnis

Wir denken mit fremden Gedanken.
Auch dieser – ohne Gewähr!
Dem Unterbewusstsein verdanken
Wir unsere Ziele und mehr.

In vielen Bereichen Laien,
Und leider Gottes nur
Die sprechenden Papageien,
Wir hängen an einer Schnur,
Wie geistige Marionetten,
Und nuckeln an bitterer Frucht
Der fremden Erkenntnis. Ach, hätte
Ich diesen Kurs nicht besucht!

Dann wüste ich nicht: Wir alle,
Gebildet, out oder in,
Sind lustige Neandertaler
Mit einem Reptil-Gehirn.

Geködert durch eigene Sinne,
Sklaven von Kopf und Bauch,
Manipulierbar von innen,
Von außen natürlich auch.

Ich dachte (o nein, jemand anders
Hat es für mich gedacht!),
Man hätte doch einen Anlass
Zu denken: Das Wissen – ist Macht!

Der Wille ist heilig. Das Ego
Das wichtigste überhaupt.
Und nun dieses Kurses wegen
Bin ich meines Glaubens beraubt!

Ich brauch‘ einen Schokoriegel,
Ich fühl‘ mich im Bauch so flau
Und sehe in meinen Spiegel:
Wer ist diese fremde Frau?!

22.11.2016

Gebote und Biochemie

Gott sagte: Du sollst nicht werten,
Über die Feinde auch.
Mit meinem Kopf um die Wette
Macht das für mich der Bauch.

Gott sagte: Du sollst nicht begehren
Des fremden Weibes Zopf.
Und pumpte dem armen Herren
Verstand in den unteren Kopf.

Ob mit oder ohne Sünden,
Mit 15 % Gehirn
Versuchen wir rauszufinden
Des Lebens Zweck und Sinn.

Man hat uns, ohne zu fragen,
Zu dem, was wir sind, gemacht.
Und nun müssen wir uns plagen,
Von oben dabei überwacht.

Ich bin den Gesetzen hörig.
Verzeiht mir die Blasphemie,
Doch wie soll man beides gewähren,
Gebote und Biochemie!?

20.11.2016

Die Bilderbuchliebe

Ich höre oft: Du bist ein schlaues Mädchen.
Du sagst zu mir: Du bist interessant.
Bin ich ein Sachbuch oder wie ein Märchen,
Gelesen und verschwunden aus der Hand?

Was mich betrifft, so bin ich etwas eigen
Hab‘ nicht umsonst Literatur studiert,
Ich möchte lieben, den gesuchten einen,
Der mich… wie ein Bestseller fasziniert.

19.11.2016

Das Desaster

Es ist nicht einfach, eine Frau zu sein.
Und wenn noch eine von der wachen Sorte
Mit einer Schwäche für gereimte Worte –
Dann frage lieber nicht nach Sonnenschein!

Bekanntlich ist die Liebe zum Detail
Dafür verantwortlich, dass wir analysieren,
Gedanklich über alles reflektieren,
Beschreiben und bewerten jedes Teil

Und lassen die Gesamtheit außer Acht,
Vor lauter Bäume einen Wald nicht sehend.
Die heile Welt so sehnsüchtig begehrend,
Wird jedes Steinchen passender gemacht.

In hübschen Köpfchen wohnt die Phantasie.
Die Tatsachen ersetzt durch gute Omen,
Wir lieben die erfundenen Phantome
Solange uns interessieren sie.

Ein kühler Snob betrachtet eine Frau
Und denkt vielleicht: Zwar äußerlich nicht übel,
Doch mit der Männerwelt nicht kompatibel!
Ich kann nicht widersprechen: Stimmt genau!

Wer hat sich dieses Spielchen ausgedacht
Und glaubte, dass zwei völlig fremde Welten
(Die überschneiden sich nun wirklich selten),
Problemlos passen unter einen Dach?

Der Spruch mit einem Deckel zu dem Topf,
Im alten Sinne Platos Kugelmenschen,
Für mich nicht nachgewiesen, platt, und wenn schon,
Spuckt fast in jedem frisch verliebten Kopf.

Aus dieser Logik werde ich nicht schlau!
Der Nonsens macht dem Schöpfer keine Ehre.
Ich kann mir das Desaster nur erklären:
Der liebe Gott war nämlich eine Frau.

17.11.2016

Ein Versprecher

Für andere nicht, doch für dich würd‘ ich’s machen,
Unglaubliche, schöne und sinnvolle Sachen:
Die finstere Nacht mit dem Mondlicht erhellen,
Beim schlafenden Gott gutes Wetter bestellen,
Den traurigen Herbst um die Hälfte verkürzen,
Mich unüberlegt in die Leidenschaft stürzen,
In peinlichen String und in Strapse verkleiden,
Um mehr abzunehmen, den Hunger erleiden,
Romantische Lieder dir gnadenlos singen,
Mit albernen Witzen dein Lachen erzwingen,
Tags arbeiten gehen, um Geld zu verdienen,
Zu Hause dich wie einen Pascha bedienen,
Ob du es nun glaubst oder nicht, ich würd‘ schweigen,
Mich nie unbeherrscht oder weinerlich zeigen,
Und keine Skandale und Streits provozieren,
Die Anzahl der Schuhe auf zwei reduzieren,
Die anderen Jungs permanent kritisieren,
Die mich absolutely nicht interessieren,
Dir nicht widersprechen und nie rebellieren,
Und nur über Fußball mit dir diskutieren.
Ich würde dich niemals manipulieren,
Und wenn schon, du würdest es gar nicht kapieren…

O Shit! Letzter Satz könnte alles verderben.
Das liegt wohl an deutschen gleichförmigen Verben,
Die mich animieren in Rage zu reimen –
Sonst würde ich nie so viel lügen und schleimen!

15.11.2016

Eine/keine Ahnung

Ich ahne, es wird einmal richtig traurig
Und ziemlich peinlich wird es einmal sein,
soeben tot, geschlüpft durch eine Mauer,
den Satz zu hören: Du kommst hier nicht rein!

Der Weg ins Jenseits – keine leichte Reise.
Man glaube, einen freundlichen Empfang
Verdient zu haben statt einer Verweisung
In einen unbeliebten Sünderrang.

Ok. Ich war noch nie ein braves Mädchen:
Zu stürmisch und daher nicht konsequent.
Doch sind wir nicht nur kleine Bio-Rädchen
Des angeborenen Temperaments?

Dann gibt es noch die Tiefenanalyse
Nach dem berühmten Klempner Sigmund Freud.
Er hat die Schuld von denen nachgewiesen,
Die uns gezeugt, geboren und betreut.

Die Pubertät, der Stress, die Wechseljahre!
Vielleicht sitzt mir der Dschingis Khan im Blut?
In uns’ren Genen stecken die Gefahren.
Und ich? Ich hab‘ mich wirklich stets bemüht.

Ich wollte immer klug und gütig werden.
Nun steh‘ ich da, verloren und geknickt.
Wenn möglich, schickt mich wieder auf die Erde,
Als Strafe für das Leben – mein Delikt.

Wen reizt schon dieses luftige Nirwana?
Wer wünscht sich dieses fromme Paradies?
Ich habe wirklich keine blasse Ahnung,
Was soll ich in dem himmlischen Verließ?

14.11.2016