Wenn die Kraniche oben im Himmel
Schreiben wieder ein liegendes Vau
Und der Tage gefährlicher Schimmel
Färbt den Herbst und die Seele grau,
Lebt´s sich leiser, vielleicht auch bewusster,
Neue Weisheiten formen den Satz,
Die Gewinne und die Verluste
Finden endlich den richtigen Platz.
Klarer Kopf fordert fassbare Regeln:
Grund und Folge – ein altes Gesetz.
Melancholischer herbstlicher Regen
Spinnt aus meinen Gedanken ein Netz.
Schlagwort-Archive: Herbstgedicht
Ein Gedicht
Die Blätter flüstern ein Gedicht.
Ob es gehört wird, plagt sie nicht.
Kein Streben nach Perfektion,
Nach neuen Mitteln, Stil und Ton,
Ob es schon Ähnliches gewesen,
Gemäß dem flatterhaften Wesen
Interessiert die Bunten nicht.
Und trotzdem ist es ein Gedicht,
Melodisch, traurig, klar für alle.
Bevor sie auf die Erde fallen,
Wird uns von weisem Herbst erzählt,
Dass nur das Jetzt im Leben zählt.
Kalenderweisheit
Ich liebe das Geräusch der gelben Blätter
auf dem Asphalt.
Bald kommt der erste Frost, der Straßen Glätte –
das Jahr wird alt.
Dann pudert es Gesichter unser´ Städte
mit weißem Schnee,
Verziert die Tannen mit den Lichterketten
wie eh und je,
Verrutscht danach mit lautem Korkenknallen
ins neue Jahr
Und landet unausweichlich, wie wir alle,
im Januar.
Ein Neubeginn ergibt sich aus dem Ende
natürlich-schlicht.
Ich danke dir, Erfinder des Kalenders,
für Unterricht.
Das Herbstliche
Was für ein scheußlich-depressives Wetter!
Wie missgelaunt der Jammerlappen-Herbst!
Ich weine mit dem Regen um die Wette.
Mal sehen, wer berappelt sich zuerst.
Um meinen Frust zweckmäßig abzubauen,
Benutze ich gewöhnlich einen Stift,
Verwandle meines Geistes kalte Schauer
Ins melancholisch-zuckersüße Gift
Der Ärztin-Lyrik. Aus der Not der Lage
Gewinn zu schlagen – ist ein starkes Stück.
Der müde Herbst gibt sich von mir geschlagen
Und zieht sich bis auf Weiteres zurück.
Die Sonne hat erneut die Welt erobert
Und lockt mich in die Wälder nebenan.
Der leicht verwirrte goldene Oktober
Schmiegt sich vertraut an pralle Bäume an.
Das Herbstliche
Auch schöne Blumen werden bald verwelken –
Kein Aufschub, keine Gnade, kein Erlass.
Des Gottes Gartens kreative Werke
Verschwinden von der Erde, ohne dass
Wir sie für ihren frühen Tod bedauern,
Der zwingenden Vergänglichkeit bewusst.
Und nur der Herbst in seiner stillen Trauer
Beweint mit Regenschauer den Verlust.
Heute
Heut‘ bin ich friedlich, schweigsam und gelassen,
Genieße auch die Einsamkeit zu zweit,
Bereit zu nehmen oder loszulassen
Und akzeptiere die Gegebenheit.
Dass ich die Bäume lieber mag als Menschen,
Dass tote Dichter Freunde können sein,
Der Winter kommt, so bitterkalt, und wenn schon,
Noch knistert der Kamin und wärmt der Wein.
Herrgott! Vielleicht auch ich werd‘ endlich weise,
Demütig, ruhig und charakterstark,
Und lebe unspektakulär und leise
Wie dieser alte leer geword’ne Park.
Das sanfte Gelb liegt sterbend auf der Erde.
Sich sattgesehnt nach trügerischem Schein,
Mein Blick sieht klar – es kann nur besser werden.
Und mehr fällt mir zu diesem Tag nicht ein.
02.11.2016