Die Wellen

Die Wellen, endlich angekommen,
Zerbrachen an den schwarzen Steinen
Und fingen bitter an zu weinen,
Die schlausten fragten sich beklommen:

„Ist es denn wirklich schon gewesen?
So enden Träume, die uns riefen,
Die Sehnsucht, das verspielte Wesen,
Der Mut, die Klarheit und die Tiefe?“

Der Wellengott befahl den Hohlen,
Das laute Jammern sein zu lassen.
Er tönte: „Wasser wird zu Wasser
Für eine neue Wiederholung.“

Ein schlechter Trost für das Bewusstsein
In seiner so geliebten Hülle
Intelligenter Moleküle,
Ganz ausgeschaltet sein zu müssen.

So manche machten große Welle,
Bevor das Leben sie verbrauchte.
Zerfall – ist keine Bagatelle,
Auch für buddhistisch Angehauchte.

Se la vi

Eine Fabel

Es lebte einst in einem Land
Ein schlecht bezahlter Musikant,
Der jeden Abend sich verkroch
Unsichtbar im Orchesterloch
Und dachte traurig: Irgendwann
Bin ich berühmt und reich. Und dann
Werd‘ ich mein Können zeigen,
Als Star und erste Geige.

Die Zeit verging: kein Ruhm, kein Geld,
Da oben tobte eine Welt,
Er saß noch immer düster
Unter dem großen Lüster.
Und dachte traurig: Irgendwann
Fällt dieses Ding, dann bin ich dran.
Wozu die Firlefanzen
Mit Mühen und Allianzen?

Und hatte recht, denn, se la vi.
Sind wir nicht alle irgendwie
Geplagt von diesem Lüster,
Nur weniger bewusster?

Zu viel der Fron

Zu viel der Fron, um irgendwann zu sterben.
Das Melodrama folgt der Parodie.
Wozu das Bangen und nach Ausgleich streben?
Zum Schluss verbleiben immer nur die Scherben
Der Selbstbetörung oder nicht mal die.

Erscheinen wertlos die erfüllten Wünsche,
Ambitionen, Träume, Intellekt,
Für die wir uns ein halbes Leben lynchen.
Der Sinn des Lebens wie der Code da Vinci
Bleibt für die meisten leider unentdeckt.

Die Bilder der Erinnerung verblassen –
Der Geist befreit die Seele vom Gefühl,
Um leichter alle Seile loszulassen
Zu dem, was wir noch lieben oder hassen –
Der weisen Schöpfung Gnade und Kalkül.

Die feuchte warme Windel wird empfunden
So angenehm, wie einst im Mutterbauch,
Der Durst gestillt, der Hunger überwunden.
Mit Morphium das Ganze abgerundet
Verschwinden wir für immer, wie ein Hauch.

Was für ein Hohn, Verleugnung und Vergeudung
Der seelischen und schöpferischen Kraft,
Der Selbsterkennung und der hellen Freude
Am Perlenspiel im weltlichen Gebäude,
Wenn vorne nur der Todesrachen klafft.

09.03.2017