Über die Treue

Die Treue artet aus zu einer Bürde
Für Menschen mit Prinzipien und Scham.
Und wenn wir uns nicht selbst beschwindeln würden,
So wäre keiner wirklich monogam.

In Anbetracht der Christlichen Gesetze
Ist dieser Zustand sichtlich nonkonform,
Die Seitensprünge immer noch verletzend
In jedem Alter und in jeder Form.

Auch bei den abgebrühten Atheisten
Gilt dieser Trieb als menschlicher Defekt,
Obwohl als altbekannter Atavismus
Anthropologisch-logisch ganz korrekt.

O, bitte-bitte! – Keine falsche Schlüsse.
Ich schätze auch das traute Glück zu zweit
Im Rahmen der romantischen Kulisse,
Doch in der Praxis nach gewisser Zeit

Ersticken leidenschaftliche Ergüsse,
So sicher wie das pawlow’sche Reflex.
Es bleiben leider nur die Kompromisse
Und hin und wieder eingeübter Sex.

Glücklich nach Hirschhausen

Kontraste machen glücklich. Happy End
Hat einen Sinn, wenn erst mal Tränen fließen.
Und geht es uns bescheiden im Moment,
So sind wir umso glücklicher anschließend.

Nach dieser ausgefuchsten Theorie
Versuche ich mein Leben zu verändern.
Zum Test geeignet wären die Prärie,
Die beiden Pole und verarmte Länder.

Ich buche mir ein schäbiges Hotel
Und gönne mir vom Wohlstand eine Pause.
Begreife nach der Ankunft ziemlich schnell,
Wie glücklich werde ich demnächst zu Hause.

Die Hitze macht mich fertig. Vehement
Sind in der Wüste sandige Gewitter.
Wie schnell zu schätzen habe ich gelernt
Den deutschen Sommer und sogar den Winter.

Das mit dem All-included war ein Fake.
Ich würge Hirsebrei und Kefir runter.
Im Vorgeschmack auf ein gegrilltes Steak
Seit vierzehn Tagen knurrt mein Magen munter.

Ich ignoriere jeden coolen Mann
Und date einen spießigen Langweiler.
Und als ich eine Fliege machen kann,
Bin ich tatsächlich happy eine Weile.

Was jetzt passiert – ist schließlich einerlei,
Doch eines Tages wird mein Traum verwirklicht.
Und wenn der gut geplante Mist vorbei,
Bin ich, gemäß Hirschhausen, wunschlos glücklich!

Peinlich

Ich schreibe wieder peinliche Gedichte.
Mein bester Freund erläutert das Problem,
Indem er mir zwei Stunden lang berichtet,
Wie listig ist das limbische System.

Es produziert im Körper Opiate,
Benebelt das empfindliche Gehirn
Und schreibt dem halbbetäubten Kandidaten
„Verliebt-verblödet“ mitten auf die Stirn.

Die aktivierte rechte Hemisphäre
Mit Dopamin getränktem Intellekt
Erzeugt für die sich nähernde Affäre
Ein illusorisch-passendes Objekt.

Ihr lieben Botenstoffe und Thalamus,
Erspart mir diese Flausen und die Pein,
Geduldig wie ein Lehrling Dalai Lamas
In einen müden Kauz verliebt zu sein.

Mein Kumpel liegt mir ständig in den Ohren
Mit seiner Predigt, meint es aber nett:
„Der schräge Typ hat wirklich nichts verloren
In deinem Kortex und in deinem Bett.“

Das Glück

Aus hundertfünfzig Millionen Zellen
Hat die Natur die meine auserwählt.
Daraus entstand ein Mädchen namens Nelli
Was ohnehin schon zu den Wundern zählt.

Doch statt dem lieben Gott dafür zu danken,
Befragte ich den Schöpfer nach dem Sinn:
Wozu, weshalb, warum nicht etwas schlanker
und glücklicher ich seiner Meinung bin.

Der liebe Gott ist meistens sehr beschäftigt
Und zeigt sich einem armen Sünder kaum.
Darum erschrak ich neulich nachts so heftig,
Als er erschien und sprach in meinem Traum:

„Du manisch-depressive Schlaftablette,
Vergeudung meiner Kräfte und Elans!
Mal trostlos wie das regnerische Wetter,
Mal hibbelig wie eine dürre Wanz.

Ich habe dir das Nötigste gegeben:
Talent, Gefühle, Körper und Verstand.
Allein deswegen lohnt es sich zu leben,
Substanziell und tätig allerhand.

Es war nicht einfach dich zu animieren,
Zum Verse schreiben, zum Roman schon recht.
Ich musste dir die Sätze fast diktieren!
Ok, so manche waren wirklich schlecht.

Ein schönes Los, wenn wir beim Thema bleiben,
Gereimtes Zeug zu zaubern aus dem Hut.
Allein deswegen lohnt es sich zu schreiben.
Ok, so manche waren wirklich gut.

Wahrscheinlich hab‘ ich etwas übertrieben
Mit den Hormonen, sprich Temperament.
Sich permanent in Falsche zu verlieben,
War wohl ein überflüssiges Talent.

Daher Enttäuschung und Desinteresse
Bezüglich Ehe. Doch der ganze Frust
Hat sich denn noch gelohnt und war vergessen
Mit einem hübschen Baby an der Brust.

Nicht meine Schuld, dass du bevorzugst süße
Und fette Speisen, Schlankheit a apropos.
Du bist bestückt mit Händen und mit Füßen,
Mit klugem Kopf und einem runden Po.

Was du damit im Laufe der Jahrzehnte
Erreichen könntest seit dem Abitur!
Obwohl, als Model für die Wackelenten
Hast du die angemessene Figur.

Das Glück, du Schaf, ist überall verborgen:
Als Gänsehaut in einem schönen Song,
Im langen Schlaf an einem Sonntagmorgen
Und im Gewühl der Straßen von Hongkong.

Die Liste lohnt sich gar nicht fortzusetzen –
Finita la comedia, mein Kind.
Wer seine Einzigartigkeit nicht schätzte,
Hat eine nächste Folge nicht verdient.“

An dieser Stelle, blas und schweißgebadet,
Dank Gott und Wecker, wurd‘ ich plötzlich wach
Und dachte mit Verspätung: „Wirklich schade,
Dass ich so selten mit dem Alten sprach.“

Geile Schnecke

Einst in einer Gartenecke
Lebte eine geile Schnecke.
Braungebrannt und splitternackt
Träumte sie vom Liebesakt.

Weich, genügsam, immer lächelnd –
Was bekanntlich gilt als Schwäche,
Kam sie leider nicht zurecht
Mit dem anderen Geschlecht.

Mal war ihr der Schatz zu schleimig,
Mal zu langsam, mal zu eilig,
Eingebildet oder dumm
Oder einfach andersrum.

Irgendwann – das soll es geben! –
Kam der Richtige ins Leben
Und begattete im Ring
Das rundum verliebte Ding.

Zugegeben, etwas ruppig,
Doch es war ihr diesmal schnuppe.
War schon früher arglos-blind,
Nun endgültig durch den Wind.

Vierundzwanzig lange Stunden
War das Schneckenpaar verbunden
Ohne Hemmungen und Sham
Als der blöde Gärtner kam.

Wie ein Mafiosi-Pate
Nahm er einen scharfen Spaten
Und zerstach die Beiden quer
Mitten im Geschlechtsverkehr.

Seiner Ernte galt die Sorge.
Abgestumpfter Selbstversorger
Schmiss den Traum von Harmonie
In die Unkrautdeponie.

Was für traurige Geschichte!
Denn zum Schluss verendet schlichte
Einem Zyniker zum Trost
Manche Liebe im Kompost.

Du kannst mich mal (Parodie)

Das Gedicht:

Du kannst mich mal an einem stillen Morgen
Mit einem Kaffee wecken, wenn du magst.
Erzähl‘ mir deinen Traum und deine Sorgen –
Ich nehme alles ernst, was du mir sagst.

Du kannst mich mal am Tag alleine lassen.
Ich schlendere gelegentlich verzückt
Durch Phantasie imaginäre Gassen
Und komme voller Eindrücke zurück.

Du kannst mich mal erheitern eines Abends.
Wie lange habe ich nicht mehr gelacht!
Wir sollten tanzen gehen, Freunde haben –
Für Zweisamkeit bleibt uns die ganze Nacht.

Doch wenn du vorhast nur an mir zu klammern
Und folgst besitzergreifend überall,
Erwarte keine Nachsicht, kein Erbarmen,
Ich sage irgendwann: Du kannst mich mal!


Parodie:

Du kannst mich mal an einem stillen Morgen
Mit Kaffee wecken und mit frischem Toast.
Und wenn du ernst nimmst alle meine Sorgen,
Dann hör‘ mir zu – ich brauche einen Trost!

Du kannst mich mal am Tag flanieren lassen
Perfekt gestylt, unwiderstehlich schick,
Mit deiner Visa-Karte durch die Gassen,
Da wo die Schuhgeschäfte und Butik.

Du kannst mich mal nach einer coolen Party
Nach Hause holen, wenn die Nacht vorbei.
Ich liebe Zeitvertreibe aller Arten
Und flirte gerne, wenn du nicht dabei.

Doch wenn du denkst, ich sei zu egozentrisch,
Ein unverschämtes und verwöhntes Biest,
Du kannst mich mal!  – Dann suche ich energisch
Rentableren Versorger als du bist.

Wenn der Gott romantisch wäre

Wenn der Gott romantisch wäre
Und gewollt, dass wir es sind,
Würde er uns schon erklären
Dessen Vorteil, Zweck und Sinn.

Und vor allem (in Vertrauen),
Warum hat er uns bestraft
Mit umständlicher Verdauung,
Gallenfluss und Magensaft?

Jedes Date ist eine Probe,
Jedes Blubberchen im Bauch,
Ob nach unten, ob nach oben,
Macht nervös. Der Hunger auch.

Pilze, Muscheln und Garnelen,
Kohlensäure, Alkohol
Sind beim Date nicht zu empfehlen.
Ganz verkehrt sind Lauch und Kohl.

Wäre kein so guter Anfang
Zur Toilette fünfter Gang.
Hilft da auch kein Sonnenaufgang
Und kein Sonnenuntergang.

Irgendwann kommt die Umarmung,
Was sich nicht vermeiden lässt.
Auf dem T-Shirt fehlt die Warnung:
Muffinshose sitzt zu fest!

Das war nur die halbe Miete.
Wollen die Verliebten mehr,
Fördert nicht die Zellulitis
Die Romantik beim Verkehr.

War der liebe Gott so grausam?
War das nur ein schlechter Scherz?
Warum hat er und die Flausen
Aus dem Kopf nicht ausgemerzt?

Oder wenigstens der Bibel
Einen Anhang zugefügt,
Wo es steht, wie man beim Lieben
Vorteilhaft-ästhetisch liegt.

Damals, als er uns versetzte,
Sprach er: „Geht und mehret euch!“
Kein Gerede über Kerzen.
Hipos paaren sich ja auch.

Wenn der Gott romantisch wäre,
Hätte er mit seiner Macht,
Uns von Sauerstoff ernährend
Und verdauungsfrei gemacht!

Über die Schwerkraft

Die Schwerkraft ist mein schlimmster Feind
Seitdem ich vierzig bin!
Es ist, als ob der Körper weint
Und fließt zum Boden hin.

Wenn ich beim Sport die Kerze mach‘,
Gefalle ich mir mehr:
Die Knie dünn, die Beine straff,
Die kleinen Kugeln nicht so schlaff,
Der Hintern nicht so schwer.

Es ist vielleicht ein bisschen dumm
(Als alte Schachtel andersrum)
So aus dem Haus zu treten…
Doch wenn es alle täten???

Eine Sommerfantasie

Ich fordere eine Belohnung
Ich bin ja schließlich nicht dumm!
Kein‘ Schritt mach‘ ich nicht mehr ohne
Und keinen Finger krumm.

Genug von Vernunft und Verständnis,
Von Arbeit und Disziplin.
Bereite ich nun ein Ende
Dem jammernden russischen Spleen.

Zum Teufel das gute Benehmen,
Bescheidenheit und Geduld!
Ich bin bereit anzunehmen!
Was ist mir das Leben Schuld?

Fürs erste im Lotto gewinnen!
Dann könnte ich endlich schnellst
Mein Haus veredeln von innen
Und von außen mich selbst.

Ich wünsch‘ mir exotische Pflanzen,
Beheizbaren Swimmingpool,
Einen Partner zum Tanzen,
Charmant, elegant und cool.

Persönlicher Fitnesstrainer
Wäre vielleicht nicht verkehrt,
Friseur, Visagist, Entertainer,
Und einer, der mich begehrt!

Ich will nicht mehr brav und artig!
Was nutzt mir das hohe IQ!
Mir ist momentan nach Party,
Nach Grillfest und Barbecue!

Gesund zu sterben wäre einfach schade

Gesund zu sterben wäre einfach schade
Für Geist und Seele und den guten Rumpf.
Gewohnt zu leben wie im Speck die Made,
Plädiert mein Anwalt auf die Unvernunft.

Er ist ein schlauer Fuchs und Rechtsverdreher,
Mein innerer bequemer Schweinehund.
Verteidigt leidenschaftlich meine Fehler
Und jedes mal aus einem guten Grund:

Verzicht auf Zucker als legale Droge
Erspart vielleicht den teuren Zahnersatz,
Doch steigert Kosten für den Psychologen,
Der wiederum das Altbekannte schwatzt.

Der qualmenden Bevölkerung Vertreter,
Jetzt weiß ich, dass man sich nicht schämen muss,
Weil auch die sehr vernünftigen Tibeter
Die Tabakschwäche halten für Genuss.

Das Joggen ist nicht gut für die Gelenke,
Das haben sie im Fernsehen gebracht.
Mein Schweinehund genehmigt die Bedenken,
Sonst hätte mich das Turnen umgebracht.

Cholesterin ist gut für Zellenbildung.-
Zu schlanke Frauen sehen älter aus.
Er muss mir diesen Stuss nur einmal schildern –
Ich kriege ihn aus meinem Kopf nicht raus.

Warum ich diesen Schuft noch immer dulde,
Erklärt die kognitive Dissonanz.
Der Urteil lautet: Nein, du bist nicht schuldig!
Beschwerden – an die höhere Instanz.