Das Wesen der Liebe (3)

Wie ist die Liebe, die uns wünschenswert
und manchmal schicksalsprägend scheint zu sein?
Ist sie gerecht verteilt oder gemein?
Schenkt sie uns Ruhe oder umgekehrt?

Sie ist diskriminierend – das ist klar,
Denn wenn du einen liebst, ist dir der Rest
So überflüssig-lästig wie die Pest
Und so „erwünscht“ wie Teufel am Altar.

Verliebtes Herz verwandelt sich in Eis
Zu allem, was es früher noch begehrt.
Verlässt die Eltern und den Freundeskreis,
Weil es angeblich in den Sternen steht,

Und folgt dem Schwarm, bis an den Rand der Welt,
Verrückt und ohne Rücksicht auf Verlust!
Und wenn das Vielversprechende nicht hält,
So sagt man ihm: wir haben es gewusst!

Denn jeder wurde einmal schon enttäuscht,
Verlassen, ausgemustert, ausrangiert,
Durch eine neue Liebe ausgetauscht
Und, wie bereits erwähnt, diskriminiert.

Das Vogelkonzert

Ein kleiner Spatz gab heute in den Zedern
Für mich und für die Sonne ein Konzert.
Wir hingen ab: sie in den Wolkenfedern,
Ich – auf der Liege, nicht so weit entfernt,
Vom Vogel, meine ich, nicht von der Sonne,
Und hatte einen richtig guten Platz,
Beobachtete neidisch und besonnen
Wie selbstvergessen trällerte der Spatz.
Im B-minor die immer gleichen Töne,
Das Pi-pi-pi als Text unkompliziert.
Nicht weiter schlimm – ihn haben die Belohnung
Und Anerkennung gar nicht interessiert.
Nur Menschen haben sämtliche Komplexe,
Zermürben sich mit Zweifeln das Gehirn.
Man sollte öfter singen und relaxen –
Das wischt die Sorgenfalten von der Stirn.
Die faule Sonne wärmte uns gleichgültig.
Es war ihr offensichtlich ganz egal,
Ob ich mich endlich vogelähnlich fühlte
Als Krähe oder doch als Nachtigall.

Ein fröhliches Begräbnis

Ich wünsche mir ein fröhliches Begräbnis.
Es klingt zwar kitschig, ist nicht wirklich neu,
Doch ziemlich logisch so wie die Erkenntnis:
Die Pflicht zu sterben macht uns lebensscheu.

Es ist nicht einfach Dramen gutzuheißen
Und weil man auch persönlich da sein muss,
Ich würde lieber eine Party schmeißen,
Als sozusagen konsequenten Schluss.

Man könnte alles haargenau bedenken,
Das Ambiente testen im Voraus,
Den Ablauf planen, Auswahl der Getränke,
Die Partyhäppchen und den Totenschmaus.

Es wäre möglich, Leute einzuladen,
Die mir bekannt als lustig und relax.
Es würde auch wahrscheinlich keinem schaden,
Falls zu der Party kommen meine Ex.

Und macht mir bitte keine Komplimente:
„Sie war so talentiert, so nett, so klug!“
Spricht lieber über peinliche Momente –
In meinem Leben gab es sie genug.

Bin keine tolle Tänzerin geworden,
Doch wenn ihr Salsa tanzt – das wäre fein.
Verstorben werd ich zwar nicht aufgefordert,
Doch kann deswegen keinem böse sein,

Nur gucken. Wenn davon Gerüchte stimmen,
Dass ich noch eine Weile bei euch bin
Und, wie ihr wisst, nicht einfach wegzubeamen,
Wenn die Musik noch klingt und sprudelt Gin.

 

Reinkarnation

Dann soll’s nicht sein. Ich bin die Falsche eben
Und leider kein gutgläubiger Buddhist,
Sonst hätt‘ ich mich gerächt im nächsten Leben,
Sonst würdest du erfahren, wie es ist,

So nah zu sein und trotzdem unberührbar,
Wie Nuklearbehälter ohne Blei,
Nach außen lass‘ ich meine Stärke spüren,
Im Inneren – ein Edvard-Munch-Geschrei.

Im nächsten Leben wär‘ ich eine Diva –
Unwiderstehlich-kühl in meiner Art.
Und du  – ein Künstler ohne Perspektive,
Mein Fan, mein Fahrer oder Bodyguard.

Du würdest Verse schreiben oder Lieder
Für mich, verwöhntes, ignorantes Biest…
O, lieber Gott! Wohin verschlägt mich wieder
Die Phantasie! Wenn das hier einer liest!

Reinkarniert zurück an Ort und Stelle,
Zu einer kleinen Sünderin geschrumpft,
Ich lande, etwas später, in der Hölle
Für meine Schwärmerei und Unvernunft.

Das Wesen der Liebe (2)

Für Liebe kämpft man nicht – sie gibt es gratis,
Und wie es aussieht meistens unverdient,
So wertvoll wie ein neuer Maserati
Und spannend wie ein Zahlenlabyrinth.

Doch hat der reich Beschenkte keine Ahnung,
Was er mit diesem Sauglück kann und muss,
So fährt er einen schlichten Koreaner
Oder flaniert alleine und zu Fuß.

Die kognitive Dissonanz

Ich war noch niemals in New York
(Michael Kunze)

Ich war noch niemals in New York
Sowie in vielen andren Orten.
Doch bin ich deshalb nicht besorgt –
Dafür war ich zehnmal in Dortmund.

Als Dichter kennt mich keine Sau,
Sind ausgeblieben die Tantiemen.
Vergeblich stellte ich zur Schau
Meine Geheimnisse intime.

Im Englisch bin ich nicht gewieft,
Trotz Mühe  – keine Polyglotte.
Das Russische in Wort und Schrift
Beindruckt keinen, leider Gottes.

Ein Leben reichte mir nicht aus,
Um alle Pläne auszuführen.
So wollte ich den alten „Faust“
Nochmal vernünftig durchstudieren,

Auch wenn es wirklich nicht so leicht,
Franz Kafka lesen, Wagner hören,
Nicht weil es Spaß macht, um vielleicht
Die Egozentriker zu ehren.

Und wenigstens nur einmal mich
In einen Musiker verlieben
(Zu schwache Hoffnung lediglich
Zu landen auf der Wolke sieben).

Dem kunterbunten Altendorf
Ade und Danke einmal sagen,
In einem kleinem Fischerdorf
Am Meer den neuen Anfang wagen,

Um dort am Schreibtisch tagelang
Mit Buch und Stift die Zeit vertreiben
Und leben ohne Stress und Zwang,
Und einen Psychokrimi schreiben.

Ein Traum! Der trägen Seele Dunst
Hat trotzdem seine Relevanzen.
Jean-Jacques Rousseau erklärte uns
Den Sinn der ungenutzten Schanzen:

Erfüllt, verlieren sie den Lack
Und machen uns nicht wirklich glücklich.
Was zählt – ist nur der Vorgeschmack,
Die Zeit, bevor wir sie verwirklicht.

Und deshalb gehe ich zu Work
Und mache Urlaub in dem Garten.
Und eine Reise nach New York
Muss wiederum ein Bisschen warten.

26.04.2017

Eine Liebeserklärung (mal anders)

Ich wünsche mir, du wärest dicker,
Unattraktiv und unbeliebt,
In einen dunklen Fall verwickelt,
Geplagt von Sorgen und betrübt.

Ich wünsche mir, du wärest einsam,
Nicht ernsthaft krank und arbeitslos,
Verschuldet, obdachlos und langsam
Verzweifelt, schwach und ruhelos,

Vom Pech verfolgt und in Bedrängnis
Erneut geraten durch Verrat,
Bedroht zu landen im Gefängnis
Für eines Fremden Attentat

Und reif das Kämpfen aufzugeben.
Dann, aus dem Nichts, wie ein Phantom,
Erscheine ich, um auszuleben
Mein don-quichottisches Symptom.

Verstecke dich vor bösen Feinden
In der Sibirischen Taigá,
Dem Heimatsort von alten Heiden,
Holz Kobold und Baba Jaga.

Du lebst das Leben meiner Ahnen
Als Jäger mit Gewehr und Hund.
Mit Zauberkräutern der Schamanen
Mach‘ ich dich glücklich und gesund.

Die bösen Geister ausgetrieben,
Erkennst du deines Lebens Sinn.
Und Geld? Was willst du mit dem lieben,
Wenn ich in deiner Nähe bin.

Die Frau, aus einem Nichts erschienen,
Geboren in Walpurgisnacht,
Die Hexe und die Konkubine,
So frei und doch in deiner Macht.

Ein Rendezvous

Ein kurzer Rock, ein neuer flotter Haarschnitt,
Geschminkt, gesteilt, ein tiefes Dekolleté –
Ich sehe aus, ganz ehrlich, zum Vernaschen,
Bereit für ein gewagtes tête-à-tête.
Doch du fängst eine Fachdebatte an,
Zum Flirten höchstwahrscheinlich zu profan!

Im Vorgenuss der innigen Momente
Bin ich besinnlich-weiblich und adrett.
Ich mache dir geschickte Komplemente
Und finde mich schon selbst unglaublich nett!
Doch du bleibst unbeeindruckt und trinkst Bier.
Vielleicht sind Frauen gar nicht dein Revier?

Ich winde mich im Tanz wie eine Schlange,
Ich fühle mich so sexy und scharmant
Und schau‘ dir in die Augen tief und lange,
Doch du verhältst dich wie ein Dilettant.
Beim besten Willen kann ich das nicht fassen!
Hat dich dein bester Freund im Stich gelassen?!

So langsam platzt mir der fiktive Kragen
Und meine engelsartige Geduld.
Bist du halbblind und ist an dem Versagen
Nur deine schlecht justierte Brille schuld?
Ich haue ab – es ist nicht auszuhalten
Dein unbelehrbar spießiges Verhalten.

16.03.2017

What the fuck!

Bei diesem Wetter sollte man nicht sterben,
Wenn man die Nächsten nur ein bisschen mag
Und wenn man weiß, es gibt nicht viel zu erben
Für Schlotternde an deinem Sarkophag.

Bei diesem Wetter sollte man erwägen
Die Möglichkeit der Flucht nach Paraguay.
Fünf lange Wochen Kälte, Wind und Regen –
Der Wetterfrosch ist nun ein Papagei.

Und wenn ich könnte, würde ich ihn töten
Für einen warmen sonnenklaren Tag.
Jedoch als Pazifist bin ich genötigt
Mit Gänsehaut zu leben. What the fuck!

08.03.2017

Pardon

Ich weiß, dass ich dich glücklich machen könnte.
Ein Pech, dass du nicht glücklich werden willst.
Und von dem Pech die unerhörte Pointe,
Dass du woanders deine Sehnsucht stillst.

Wie kannst du es nur wagen?! (O, Pardon!
Bin abgerutscht in einen barschen Ton.)

Ich weiß, ich habe ein geschicktes Händchen
Beim Nähen, Stricken, Kochen und nicht nur.
Am besten schmeckt mein mariniertes Hähnchen –
Du solltest es probieren, mon Amur.

(Pardon, in ein romantisches Gedicht
Gegrilltes Hähnchen passt nun wirklich nicht.)

Ich weiß, ich habe Glut in meinen Adern
Und könnte dich verführen jeden Tag.
Doch eigentlich bin ich mir fast zu schade
Für jemanden, der keine Hähnchen mag.

(Pardon, das letzte Hähnchen bin nicht ich.
Gemeint ist das gegrillte lediglich.)

01.03.2017