Die Wolkenbilder

Die Spitzen der Zypressen sind die Nadeln.
Die Hand des Windes führt sie ganz geschickt.
Für manchen Kenner etwas überladen
Wird über uns ein weißes Tuch gestickt.

Sekundenschnell entstehen aus der Wolle
Das Pudelköpfchen und Marilyn Monroe,
Der Weihnachtsmann in seiner neuen Rolle
Als Meeresgott, entspannt und lebensfroh.

Der Wind ist mit dem Bild nicht ganz zufrieden:
Ein Hauch zu kitschig und am Ziel vorbei.
Vom Tag erschöpft löscht er die Wolken müde
Und fängt von vorne an die Stickerei.

Ich und der Regen

Ich wache auf – am Fenster tobt der Regen.
Er pfeift auf Maßgefühl und auf Vernunft.
Genau wie ich, ein stürmischer Kollege,
Vom gleichen Schlag und aus derselben Zunft,

Weil wir uns ständig nach Erfrischung sehnen,
Wir fallen, aber bleiben ungebeugt.
Er schreibt mit Regenwasser, ich mit Tränen –
Es kommt heraus dasselbe trübe Zeug.

Und manchmal sind wir beide ausgewogen,
Gemütlich, warm, getränkt mit Sonnenlicht.
Dann basteln wir: er einen Regenbogen
Und ich – ein optimistisches Gedicht.

Das Vogelkonzert

Ein kleiner Spatz gab heute in den Zedern
Für mich und für die Sonne ein Konzert.
Wir hingen ab: sie in den Wolkenfedern,
Ich – auf der Liege, nicht so weit entfernt,
Vom Vogel, meine ich, nicht von der Sonne,
Und hatte einen richtig guten Platz,
Beobachtete neidisch und besonnen
Wie selbstvergessen trällerte der Spatz.
Im B-minor die immer gleichen Töne,
Das Pi-pi-pi als Text unkompliziert.
Nicht weiter schlimm – ihn haben die Belohnung
Und Anerkennung gar nicht interessiert.
Nur Menschen haben sämtliche Komplexe,
Zermürben sich mit Zweifeln das Gehirn.
Man sollte öfter singen und relaxen –
Das wischt die Sorgenfalten von der Stirn.
Die faule Sonne wärmte uns gleichgültig.
Es war ihr offensichtlich ganz egal,
Ob ich mich endlich vogelähnlich fühlte
Als Krähe oder doch als Nachtigall.