Einsam

Bild von Lilija 

Einem Goldwäscher gleich
Muss ich Wörter durchwälzen.
Gibt es einen Vergleich
Oder passende Sätze,
Um den bitteren Grad
Meiner Not zu beschreiben,
Einer letzten der Art
Eingefangenen Taube.
Wie ein kalter Komet,
Wie ein Tier im Gewahrsam,
Wie ein toter Planet
Ohne dich bin ich einsam.
Meines Herzens Migrant,
Mein geliebter Nomade,
Meiner flehenden Hand
Durchgeschnittene Ader,
Mein zu lautes Gedicht,
Meine Angst vor der Freiheit.
Doch die Wahrheit ist schlicht,
Auch die bittere Wahrheit:
Du bist weg  – ich bin hier,
Um die Tage zu zählen
Und ein Fetzchen Papier
Mit Metaphern zu quälen,
Um die wahre Natur
Des Gefühls zu erkennen:
Ich bin einsam wie nur
Es die Menschen sein können.

Das Katzenlied

Aquarellkreide auf Aquarellpapier Illustriert von Lilija Grieger

In meinem nächsten Leben
Da werd‘ ich deine Katze,
Dann lieg ich jeden Abend
Auf deinem weichen Bauch.
In meinem nächsten Leben
Darf ich dein Rücken kratzen.
Und kann ich dich nicht haben,
So wirst du angefaucht.

In meinem nächsten Leben
Da werd‘ ich deine Katze.
Und bring dir aus dem Garten
Zum Frühstück eine Maus.
In meinem nächsten Leben
Muss ich auf dich nicht warten,
Denn du kommst brav und artig
Und jeden Tag nach Haus.

In meinem nächsten Leben
Wirst du mein Dosenöffner
Und kaufst mir, frisch und lecker,
Mein Lieblings-Kräuterlachs.
In meinem nächsten Leben
Schlaf ich auf deiner Decke
Und schmelz‘ in deinen Händen
Die ganze Nacht wie Wachs.

In meinem nächsten Leben
Da werd‘ ich deine Katze,
Geschmeidig, eigensinnig,
Charmant und graziös.
Und du verliebst dich innig
In meine süße Fratze
Und wirst nie wieder gehen
Und lässt mich nie mehr los.

2013

Vollmond

Die alten Menschen, Kinder, Streunerkatzen
Aus unbekannten Gründen mögen mich.
Im Himmel scheint des Vollmonds freche Schnauze.
Verdrängte Schuld und Sehnsucht melden sich.

Mir fehlt dein Schweigen. Mehr noch deine Hände
Und deine engelsartige Geduld.
Warum muss Liebe immer traurig enden?
Warum bin immer ich an allem schuld?

Mein Sabbat

Früher – stachelich-eitel
Wie meine Edelrosen,
Warte ich auf den Freitag,
Sammlerin der Almosen.

An dem heiligen Sabbat
Kommen Einsicht und Reue,
Wie auf die Wunde Salbei
Auf meine Seele streuend.

Zeit, die die Tage klonte,
Nächte gebar in Wehen,
Spendet mir Trost am Sonntag,
Gnade der Auferstehung.

Ich brauche dich

Ich brauche dich. Genug der Lügen –
Ich möchte wissen wie es ist,
Entspannt auf deinem Bauch zu liegen
Wenn draußen dunkel, kalt und trist.

Ich möchte wissen, wie es wäre
Mit dir zusammen unterwegs
Den warmen Wind des Mittelmeeres
Zu atmen, glücklich und relax.

Den ganzen Abend durchzutanzen,
Betrunken von Musik und Wein,
Von peinlich-schnulzigen Romanzen
Sentimental berührt zu sein

Und wie von einem Troll besessen
Zu lachen. Und von dir geweckt,
Zum Frühstück Erdbeereis zu essen.
Ich möchte wissen, was dir schmeckt,

All deine Stärken und die Schwächen,
Und ob ich dir vertrauen kann,
Um ohne Zweifel auszusprechen:
Mein Freund, mein Einziger, mein Mann.

25.02.2017
(Illustriert von Lilija Grieger)

Ich will, dass du mich kennst

Ich will, dass du mich kennst, warum auch immer,
Zu deinem Leben irgendwie gehören.
Gereimte Wörter landen im Gewimmer –
Ich kann sie selbst auf Dauer nicht mehr hören
Und werfe sie wie Perlen vor die Schweine
Ins Maul dem satten digitalen Werwolf –
So wenig sind sie mir inzwischen wertvoll.
Ihr Klang ist schnell im dunklen Raum verschollen.
Warum sollst du mich kennenlernen wollen?
Ich würde auch verzichten auf so eine.

25.01.2017

Es schneit

Es schneit. Meine russische Seele
Freut sich und schmerzt zugleich.
Der Garten pudert sich mehlig,
Die Fische schlafen im Teich.

Im Park verhüllt sich der Rasen
In weiße Spitze und Tüll.
Die Flocken kitzeln die Nase –
Ein altvertrautes Gefühl.

Die Straßen sind eisig-gläsern
Und glatt wie gepelltes Ei.
Mein fleißiges deutsches Wesen
Schaufelt sich Wege frei.

Mal mutig, mal weniger tapfer.
Auf meine Sehnsucht fällt weich
Der Schnee – eine schöne Metapher –
So kalt und so warm zugleich.

02.01.2017

Ré­su­mé

Du bleibst eine flüchtige Szene,
Mein ungestilltes Verlangen.
Ich kaufe mir künstliche Tränen,
Die echten sind ausgegangen.

Schon bald wirst du mir nicht fehlen.
Die Freiheit – zurück erworben.
Es gibt keine künstliche Seele
Und meine heut‘ Nacht gestorben.

Das Gebet Nr. 2

Sehnsucht verformt den Mund,
Und nach Erklärung suchend,
Bete ich: „Bleibe und
führe mich nicht in Versuchung.
 
Lass‘ es bitte nicht zu,
Werde nicht zum Verhängnis,
Frage mich nicht, wozu
Dieses Anti-Bekenntnis.
 
Die Verräterin-Nacht
Tarnt sich mit deiner Stimme.
Wer verlieh ihr die Macht
Über mich zu bestimmen?
 
Durch die Träne ein Hauch:
Ich bekenne mich schuldig
Und vergebe dir auch,
Mich nicht stärkende Schulter.
 
Und bekämpfe die Kraft
Meiner Gefühle. Amen.“
Stille… und katzenhaft
Kriecht in mein´ Kopf dein Name.
 
20.10.2016

Die Sucht nach Sehnsucht

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Illistriert von Lilija Grieger

Ich bin schon wieder auf der Flucht
aus dem Nirwana,
Zur Unbeständigkeit verflucht,
den Abgrund ahnend.

Aus einem unbeschwerten Nichts,
nach Leben gierig,
Will ich in mein fragiles Ich
reinkornieren.

Ich war so lange auf Entzug,
geheilt und dennoch
Bleibt bis zum letzten Atemzug
die Sucht nach Sehnsucht.

06.10.2016