Konformist

Der neue Tag verhält sich wie ein Klon
Und fühlt sich an, als ob umsonst gegeben,
Wie eine abgespeckte Version
Von einem sinn- und werterfüllten Leben.

Es fehlt mir nichts. Vielleicht ist das der Grund
Für dieses mühsam-öde Zeitvertreiben.
Der träge Körper wie ein alter Hund
Wird ungeschickt, darf nur aus Gnade bleiben.

Der müde Geist begreift die Relevanz
Der ewigen Erneuerungsgesetze
Und bettelt nicht um Gunst und Toleranz
In einer Welt der digitalen Netze,
Der Kindle-Bücher, Notebooks und iPhones,
Der Fernsehshows und sterbenden Theater,
Der Amokläufer in Gestalt der Clowns,
Fanatiker und deren Attentate.

Ein Konformist, untätig und beschämt,
Unfähig einen Wandel anzustreben,
Ich fühle mich mitunter ziemlich fremd
In meinem angepassten schönen Leben.

Eine traurige Geschichte

Ich kannte mal den Einen, fromm und selig,
Er freute sich auf seinen nahen Tod.
Denn endlich würde er den Schöpfer sehen,
Der uns das Paradies im Himmel bot.

Das Leben hier, auf der besagten Erde,
Hat er als Hölle charakterisiert.
Aus diesem Grund als suizidgefährdet
Von Ärzten eingesperrt und therapiert.

Und wie es aussieht, ist der Glaube heilbar.
Jetzt lebt er wieder mit der Todesangst,
So wie die meisten für den Aufschub dankbar,
Bewusst des einflusslosen Menschenrangs.

Der Preis der Freiheit

Das hilfsbereite Mütterchen Europa
Bot mir ein Fetzchen Stoff von seinem Hemd.
Nun, gut versorgt mit Brot und Seifenopern,
Nach dreißig Jahren bin ich nicht mehr fremd
Im Paradies der braven Konsumenten,
Auch wenn das Konsumieren mir nicht liegt.
Ich sammle lieber spannende Momente
Und singe meines Arbeitgebers Lied.
Wie viele hier: als Bürger unabhängig,
Als Arbeitnehmer vorsichtig-konform.
Wer glaubt, dass er hier frei sein kann, ist selig.
Man sucht sich nur die schonendere Form
Des Alltagszwangs den Umständen entsprechend.
Wer frei sein will, verlässt das Wohlstandsgrab
Und lebt barfüßig, arm und glücklich lächelnd
Unter den Palmen auf der Insel Yap.

Entschuldigung

Es gibt kein Glück und keine Ewigkeit.
Bei dir zu bleiben – wäre ziemlich töricht.
Du kamst zurück aus der Vergangenheit,
Mein Beichtobjekt und hormonelle Störung.

Die rosa-rote Brille steht mir nicht.
Ich ziehe mich zurück aus dem Geschehen,
Analysiere, schreibe ein Gedicht
Und schmunzle über Zweisamkeit und Ehe.

Du glaubst mir das, du gehst mir aus dem Weg,
Der unfreiwillig trotzigen Emanze.
Es wäre zweifellos ein Privileg
Bei dir zu bleiben, könntest du nur tanzen!

Ich und der Regen

Ich wache auf – am Fenster tobt der Regen.
Er pfeift auf Maßgefühl und auf Vernunft.
Genau wie ich, ein stürmischer Kollege,
Vom gleichen Schlag und aus derselben Zunft,

Weil wir uns ständig nach Erfrischung sehnen,
Wir fallen, aber bleiben ungebeugt.
Er schreibt mit Regenwasser, ich mit Tränen –
Es kommt heraus dasselbe trübe Zeug.

Und manchmal sind wir beide ausgewogen,
Gemütlich, warm, getränkt mit Sonnenlicht.
Dann basteln wir: er einen Regenbogen
Und ich – ein optimistisches Gedicht.

Eine Sommerfantasie

Ich fordere eine Belohnung
Ich bin ja schließlich nicht dumm!
Kein‘ Schritt mach‘ ich nicht mehr ohne
Und keinen Finger krumm.

Genug von Vernunft und Verständnis,
Von Arbeit und Disziplin.
Bereite ich nun ein Ende
Dem jammernden russischen Spleen.

Zum Teufel das gute Benehmen,
Bescheidenheit und Geduld!
Ich bin bereit anzunehmen!
Was ist mir das Leben Schuld?

Fürs erste im Lotto gewinnen!
Dann könnte ich endlich schnellst
Mein Haus veredeln von innen
Und von außen mich selbst.

Ich wünsch‘ mir exotische Pflanzen,
Beheizbaren Swimmingpool,
Einen Partner zum Tanzen,
Charmant, elegant und cool.

Persönlicher Fitnesstrainer
Wäre vielleicht nicht verkehrt,
Friseur, Visagist, Entertainer,
Und einer, der mich begehrt!

Ich will nicht mehr brav und artig!
Was nutzt mir das hohe IQ!
Mir ist momentan nach Party,
Nach Grillfest und Barbecue!

Glaube… Liebe… Hoffnung…

Selig. Arm. Unvollkommen.
Menschen jammernde Brut.
Gierig schlingen die Frommen
Jesus‘ Leib und Blut.
Betteln, warten auf Wunder
Nah des Glockengeläuts.
Zweifelnd, schwach und verwundet
Hängt mein Glaube am Kreuz.

Selbstlos. Krank. Unromantisch.
Und zu allem bereit.
Karg wie die Wüstenlandschaft –
Kein Versteck weit und breit.
Kein Zurück, keine Rettung.
Ich entsinne mich noch,
Wie die Liebe-Verräter
In meine Seele kroch.

Unbewusst oder offen,
Kindisch-stur und naiv,
Hält am Leben die Hoffnung,
Geht es wieder mal schief.
Ohne sie – ins Verderben.
Ohne sie bin ich frei.
Da zu sein oder sterben
Ohne sie – einerlei.

An mein Leben

So wie ich möchte, kann ich dich nicht lieben.
Jetzt schau nicht weg! Du bist damit gemeint:
Ein bisschen Glück und viele Schicksalshiebe –
Das sage ich nicht nur, weil es sich reimt.

Natürlich könnte es mich härter treffen.
An vielen Dingen bin ich selber schuld.
Statt zu verzweifeln oder laut zu kläffen,
Ich übte mich in Demut und Geduld.

Die Schicksalsfee schätzte meine Mühe,
Und schenkte mir Almosen ab und zu.
Nun bin ich dankbar, weise und genügsam
Und frage nicht nach weshalb und wozu
Das ganze Drama. Zahle brav den Eintritt –
Der letzte Akt bleibt Gott sei Dank vertagt.

Von dieser Rede keineswegs beindruckt
Vergeht der nächste meines Lebens Tag.
Mit einem fleißig-pingeligen Regen
Erfrischt er meinen Garten und das Haus.
Ich bleibe faul und träge seinetwegen –
Bei diesem Wetter kriegt mich keiner raus.

Kein Pflichtgefühl und keine sieben Pferde!
Dann lieber einen letzten Gnadenschuss!
Sogar der Hund ist suizidgefährdet,
Weil er noch einmal Gassi gehen muss.

Noch kein Urlaub!

Der Regen zeichnet parallele Striche,
Der Himmel – wie ein Waschbrettbauch gewellt.
Das Bild im Fenster – bleistift-grau gestrichelt,
Von Pessimisten als Beweis bestellt
Beim lieben Gott, vielleicht auch bei dem lieben
Allmächtigen geprimten Amazon.
Die Konkurrenten von der Wolke Sieben
Beliefern eine and’re Region:
Am Mittelmeer, da wo die alten Griechen
Den Sonnengott verehrten und wohin
Uns dieses Jahr der Sommer ausgewichen
Und wo ich manchmal wunschlos glücklich bin!

Die Leichtigkeit des Seins (2) (Nach Milan Kundera)

Von allen Menschen ringsherum
Hat meine Seele ausgesucht
Dein Herz. Und weiß nicht mal warum,
Bist du die Droge meiner Sucht.

Wie oft hab‘ ich ihr schon gesagt,
Durch ihre Wahl verblüfft-empört:
„Wir haben jedes Mal versagt,
Weil nur auf deinen Rat gehört!“

Wir – sind der Kopf, der Bauch und sie,
Das flatterhafte blinde Huhn,
Mit einem Hang zur Amnesie
Und manchmal wild wie ein Taifun.

Vernunft und Logik außer Acht,
Mein dummes Seelchen träumt sich weg
Aus dieser regnerischen Nacht
In ein gemütliches Versteck,

Wo du für mich kein Fremder mehr,
Verständlich wie das Einmaleins,
Wo alles möglich mit Gewähr
Auf eine Leichtigkeit des Seins.