Non-Konklusion

Die erste und wahre Prämisse:
Ich muss es nicht unbedingt wissen,
Ob deine verhüllten Gedanken
Im Kreise sich drehen und schwanken,
Sind frei oder voreingenommen
Und ob ich darin vorkomme.

Die ebenfalls wahre Prämisse:
Ich werde dich nicht vermissen,
Aus meinem Leben verschwunden,
Und gehe nicht vor die Hunde
Mit offenen Nervenspitzen.
Ich möchte dich nicht besitzen.

Die dritte erkennbare Wahrheit:
Es wäre die größte Narrheit,
Mein ruhiges schönes Leben
Für dich, ein Phantom, aufzugeben,
Unfähig verdrängte Schmerzen
Aus ihrem Versteck auszumerzen.

Doch neulich, trotz aller Prämissen –
Die weibliche Logik lässt grüßen –
War ich dir so nah`und versucht
(Rückfällig in meiner Sucht
Nach wechselnden Bildern und Szenen),
An deine Schulter zu lehnen,
Das ungestillte Verlangen
Nicht unterdrücken zu müssen,
Das kleine Grübchen zu küssen,
Zwischen den Lippen und Wange –
Den Ort, wo das sanfte Lächeln,
Aus einer Laune geboren,
Mich rettet und lässt mich schwächeln,
Ergeben, verrucht, verloren.

An die Wahrheit

Die Wahrheit ist ein schweres Los.
Sie treibt uns manchmal rigoros
Zum Wahn und in die Enge
Und ist nicht zu verdrängen.

Sie fühlt sich an zum Kotzen echt
Und wie ein Richter selbstgerecht.
Erwarte keine Gnade,
Wenn sie dich fängt und tadelt.

Sie zeigt sich nackt, sie lacht und sticht,
Erklärt den Star zum Bösewicht,
Verwandelt Macht und Ehre
In flüchtige Chimären.

Sie blickt auf Lügende herab
Und manchmal kommt sie mit ins Grab,
Fast wie ein Lebewesen,
Imstande zu verwesen.

Sind wir zu schwach – bringt sie uns um
Den Starken heilt sie wiederum.
Von launischer Mätresse
Lässt er sich nicht erpressen.

Sie öffnet locker das Ventil,
Mitunter ohne Scham und Stil,
Für angestaute Worte,
Auch von der harten Sorte.

Als Dame kommt sie oft zu spät
und achtet auf die Pietät,
Jedoch als Konkubine
Ist käuflich und leichtsinnig.

So wie ein unverschämter Gast
Zuweilen fällt sie uns zur Last
Und stielt wie eine Diebin,
Die Menschen, die wir lieben.

Und trotzdem hätten wir so gern
Aus dunklen Tiefen ihren Kern
Geholt ans Licht, nach oben
Und zahlen mit dem Glauben,

Riskieren Träume, Lebenslust,
Und ohne Rücksicht auf Verlust,
Unheilbar kranke Narren,
Wir lechzen nach der Klarheit.

Und sind, nachdem sie uns passiert,
Noch mehr verzweifelt und verwirrt.
Verdrängen sie blauäugig,
Verdrehen und verleugnen.

Verachten, gehen auf Distanz,
Die kognitive Dissonanz,
Eindeutigkeit der Lage
Nicht fähig zu ertragen.

Die Wahrheit gibt es noch in Fromm,
in Selig und in and’rer Form,
Für die, den es genüge
Von früh bis spät zu lügen.

Und dann noch die, die provoziert,
Narzisstisch ist, emanzipiert
Und künstlerisch-designet…
Und jeder hat die seine.

Und ich? Was bin ich im Bezug
Auf dieses Thema? Neunmalklug?
Gebranntes Kind? Doch langsam
Im Geiste frei und einsam?

Geplagt durch Zweifel, stur, naiv,
Manipuliert, doch relativ
Robust und meistens tauglich
Der Heuchlerin ins Auge
Zu sehen, möge sie auch sein
So kräftig, wie ein alter Wein,
Lasst uns die Gläser heben!
Denn Wahrheit ist das Leben!

16.08.2016

In der Sauna

Der heiße Eukalyptusduft
Ist klebrig wie die Zuckerpaste.
Ich brauche dringend frische Luft,
Mein Lebensmotto sind Kontraste.

Ins kalte Wasser aus der Glut,
Danach den Wind im Freien spühren.
Der schwache Regen fasst den Mut,
Um mich unsittlich zu berühren.

Obwohl ich ihn kein Bisschen mag,
Den alten Nörgler und Langweiler,
Lass‘ ich ihn ran am hellen Tag
An Beine, Dekoltee und Taille.

Und bei Erotik dieser Art,
Mit stacheligen Regenküssen,
Denk‘ ich an dein‘ Dreitagebart
Und weiß, dass ich dich sehr vermisse.

18.07.2016

Unerklärlich post-nostalgisch

Die Zeit, mein Wächter, sagte mir,
Dass alles, was mit mir geschehe,
All die Dagegen und Dafür
Belanglos sind, vorübergehend.

Und abgelaufen ist die Frist
Für gutes Werk und böse Taten.
Der knickerige Finanzist
Erwartet schon die letzte Rate.

Die Schuld, die Sehnsucht sind gestillt,
Illusionen sind gestohlen.
Und alles, was ich kann und will,
Wird eine neue Wiederholung.

Doch trotzdem hänge ich an ihr,
Absurd, grotesk und sinnlos-tragisch.
Und Verse tropfen aufs Papier,
So unerklärlich post-nostalgisch.

18.07.2016

Schrödingers Katze

Wir liebten uns ohne Liebe,
Wir wurden uns zum Verhängnis
Und landeten im Gefängnis
der Triebe.

Wir steckten unsere Träume
In abgeschlossene Räume
Verwandelten das Begehren
in Leere.

Wir warteten auf das Ende
Und glichen Schrödingers Katze
Gleichzeitig tot und lebendig
und kratzig.

Die Panik zerriss die Lungen
Und lähmte die schlaffen Glieder
Experiment schon wieder
misslungen.

Der hinkende alte Wächter
Verhöhnte uns mit Gelächter
Wie einst die göttliche Neider
die Heiden.

Wir liebten uns ohne Sehnsucht
Wir hielten uns fest aus Gnade
Die älteste Form der Unzucht
Wie schade.

,

An Captain Nemo

Ich tauche ein in deinen Blick
Und wünsche mir, ich könnt‘ es besser,
Ein U-Boot, suchend nach dem Glück
In den pazifischen Gewässern.

Die Nautilus auf der Flucht
Aus allen Zwängen des Gewahrsams,
Nicht wissend, Gnade oder Fluch
Ist diese Freiheit namens Einsam.

Ich tauche ein in deine Welt.
Muss ich mich deinetwegen grämen?
Wer bist du? Opfer oder Held?
Womöglich beides, Captain Nemo.

Ist jeder Freigeist ruhelos?
Wo ist der Ort, den wir vermissen?
Die klugen Augen sagen aus
Als würdest du die Antwort wissen.

Zu schnell verglimmt die Leidenschaft,
der Traum, dass wir einander brauchen,
Schon fehlen mir Elan und  Kraft,
Um in dein Leben einzutauchen.

Leb‘ wohl, mein holder Prinz Dakkar,
Ich will und kann dich nicht begleiten,
Sind die Prämissen noch so wahr,
Das Umgekehrte lässt uns leiden.

Unüberwindbar ist die Schlucht.
Uns trennen  zwanzig tausend Meilen.
Ich sehne mich nach einer Bucht,
du – nach den alten Schätzen Mayas.

Odaliskenträume

Odaliske1

„Odaliske“; Bild von Lilija Grieger

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Der Mond ist jung und dunkel ist die Nacht –
Sie duftet nach Jasmin und Tamarisken.
Der Harem schläft. Zurück in ihr Gemach,
Träumt von der Liebe eine Odaliske.

Das Augenlicht des Sultans streifte sie,
Als sie mit Myrte seine Füße ölte,
Und weckte ihre kühne Phantasie:
Vielleicht wird sie heut‘ Nacht die Auserwählte

Und darf dem Schah bis in das Morgengrau‘n
Mit ihren sanften Liebeskünsten dienen!
Für kurze Zeit geliebte Konkubine,
Danach die Sklavin seiner heiklen Frau‘n.

Und irgendwann – O, gnädig sei Allah! –
Vergisst sie ihre unerfüllten Träume
Und alles, was sie liebte und versäumte:
So trügerisch und schön, dem Himmel nah.

2015

 

 

Die Midlifecrisis

Ohne Grund bin ich heute betrübt,
Meine Seele ist wieder am jammern.
Bin ich schwanger? Oder verliebt?
Oder sind das die Wechseljahre?

Diese Schmetterlinge im Bauch!
Dieses Flattern unter den Rippen!
Oder war in der Suppe Lauch?
Hoffentlich keine Magengrippe!

Dicke Pickel und Übergewicht,
Hamsterbäckchen und Haare zum Kotzen!
Meine Liebe, ich kenne dich nicht,
Doch im käme und wasche dich trotzdem.

Tausend Zweifel in meinem Kopf,
Die Gedanken kursieren im Kreise.
Leider fehlt mir der Abschaltknopf
Für die lästige Midlifecrisis.

2014

Mein Herz

Mein Herz ist stur, es lässt sich nicht belehren
Und klammert an der Hoffnung felsenfest,
Und schlägt so laut und füllt damit die Leere,
Die unser Abschied schmerzend hinterlässt.

Mein Geist ist frei von Träumen und von Tränen,
Sarkastisch, kühl und praktisch hinterlegt.
Warum kann er das Tierchen nicht bezähmen,
Das wild um sich in seinem Käfig schlägt?!

Der Widerspruch verwundert mich aufs Neue,
Doch unterstellt dem höheren Gericht,
Mein dummes Herz empfindet keine Reue
Und zahlt den Preis, indem es fast zerbricht.

2013

Die Trennung

Du schließt die Tür vor meinem Herz,
Das klopfend in dein Leben wollte.
Und wo es wärmer werden sollte,
blieb nur die Kälte und der Schmerz.

Verblüfft steh‘ ich vor dieser Tür
Und bin zu stolz, um ungebeten
Ein fremdes Leben zu betreten,
Und kann nicht weg und nicht zu dir.

Mein Herz war lange obdachlos
Und glich dem blinden Vagabunden,
Mit einem Seil an dich gebunden,
Ertrug es eines Bettlers Los,

Mein Herz – ein Kind, naiv und dumm,
War hungrig und versucht zu stehlen
Das Feuer deiner müden Seele,
Doch kam es leider andersrum.

Mit einem Schatten im Gesicht
Und einer Handvoll von Almosen
Nun kehr‘ ich heim, wo meine Rosen
Mich lehren, dass die Nähe sticht.

2013