Vernunft und Liebe

Was wären wohl die Menschen ohne die
Vernunft und Liebe? – Eine Parodie
Der altbekannten schmeichelhaften These
Von Geist und Seele, Körper und Verstand,
Vereint in einem aufgeklärten Wesen
In einem mündigen Entwicklungsstand.

Die These untersuche ich akribisch
Und komme um die Wahrheit nicht herum:
Bin ich vernünftig, muss ich auf die Liebe
Zu dir verzichten oder andersrum:
Dich liebend, alle Zweifel ausradieren
Und unverhofft zum Dummerchen mutieren.

Doch leider ist das Dummerchen-Konzept
Für dich und mich kein passendes Rezept.

Aus meteorologischem Aspekt

Des milden Südens heißgeliebtes Kind,
Ich mochte nie den Scharm der kalten Meere.
Das trübe Wasser und den kalten Wind
Empfinde ich ganzjährlich als verheerend.

Die, die es mögen, sind mir zu suspekt,
Die Trennung käme logisch-unvermeidlich.
Aus meteorologischem Aspekt
Bin ich intolerant und fremdenfeindlich.

Der Sonntagmorgen

Die ganze Nacht hat es geregnet
Und morgens gab es ein Gewitter
Geduscht und kräftig durchgeschüttet,
Kam Sonne raus dem Tag entgegen.

Der liebe Gott schien zu vergessen,
Dass heute Sonntag ist und weckte
Die lauten Vögel in der Hecke
Sowie auch mich in Folge dessen.

Wir, optimistisch, unbelehrbar,
Für manchen Snob vielleicht zu kitschig,
Begannen sorglos wie ein Playboy
Den Tag mit fröhlichem Gezwitscher.

Im Garten

Alles blüht und gedeiht und verkündet die Daseinsberechtigung.
Auch das lästige Unkraut, als sehr optimistisch bekannt.
Das ist mein Paradies, für die Pflanzen bin ich die Allmächtige
Und entscheide, was stirbt und was lebt mit entschlossener Hand.

Dieses blättrige Volk ist rebellisch und will nicht gehorsam sein.
Und schon während ich hier, über Gottesgewalt nachgedacht,
Brav entschuldigte mich wie Buddhisten für menschliche Grausamkeit,
Hat es wieder gesprießt und ins grünliche Fäustchen gelacht.

Der Wal

Ein gestrandeter Wal
Warte ich auf die Flut.
Wasser – mein Elixier und Rettung.
Hoffen ist eine Qual.
Geht es noch einmal gut
oder bleibe ich hier gebettet?

Jeder hält mich für stark,
Zwanglos und ungezähmt.
Was für ein schlechter Scherz: ein Riese,
In dem sandigen Sarg
Von dem Schicksal gelähmt
Auf ein gnädiges Herz angewiesen.

 

Eine Nuance

Die alles klärende Nuance:
Ich bin zum Frühstück nicht geblieben.
Die Göttin des gerechten Zorns
Bestraft die vorgetäuschte Liebe
Mit einem Fluch der Einsamkeit,
Am Geiste nagender Chimäre.
Doch lieber so, als die zu zweit
Gefühllos ausgestopfte Leere.

19.06.2018

Die Schlange

Wie eine Schlange bin ich bereit
Mich wiederholt zu heuten.
Aus der verkrusteten Schale befreit,
Lande ich hier und heute.

Alles real, die Umgebung bekannt,
Trotzdem fühlt es sich falsch an.
Zwingt mich erneut der Betrüger-Verstand
Mit dieser Welt zu feilschen?

Was ist nun wichtig im folgenden Akt
Ohne die Pein der Pathetik?
Liebe, vergänglich, naiv und abstrakt,
Sex ohne Sinn für Ästhetik?

Wem gilt der Beifall, die wechselnde Gunst
Jener, hinter der Rampe?
Endet als Diva die treulose Kunst
Oder als alte Schlampe?

Was fühlt sich echt an? Ein nacktes Gedicht?
Gelten oder Gelingen?
Oder genügt es, einfach und schlicht
Unter der Dusche zu singen?

Was hat Bestand ohne heiligen Schein,
Aufrichtig und pulsierend?
Träume der Kinder, die waren einst mein,
Dann lebe ich eben ihre.

Diese Welt ist pur nicht zu ertragen

Diese Welt ist pur nicht zu ertragen –
Schlauer Spruch und leider nicht von mir.
Die nicht anders können und sich wagen,
Bringen ihre Nöte zu Papier
Und erschaffen Bilder ihres Wahnes:
Eine Welt, die uns den Atem raubt,
Nennt sie Flucht, Begeisterung, Nirwana –
Wehe dem, der selbst an diese glaubt.

Eine heiße Nacht

Ich wache auf – im Fenster grinst der Mond.
Ich frage ihn: Was gibt es denn zu grinsen!?
Die aufgeblähte gelbe Riesenlinse
Betrachtet mich bewertend wie James Bond.

Was für ein niederträchtiger Voyeur!
Hat wohl in seinem Himmel Langeweile
Und glotzt auf die entblößten Körperteile
Der alten Weiber und der jungen Gör.

Von mir beschämt versteckt er seinen Kopf
In einem Knoten zotteliger Äste.
Die Stadt liegt nackt und atmet durch die Fenster,
Von Tageshitze immer noch erschöpft.

Geschichten ohne Anfang

Wie schön sind die Geschichten ohne Anfang!
Denn alles, was in meinem Kopf passiert,
Ist zwar ein Drama, doch der gute Ausgang
Ist den Akteuren meistens garantiert.

Im Alltag – Friede, Freude, Eierkuchen,
An Feiertagen – Sekt und Kaviar,
Erfüllung jeder heimlichen Versuchung,
Karibikurlaub zwei-drei Mal im Jahr.

Und alle Typen mit sensiblen Ohren,
Mit Urlaubswunsch auf Rügen oder Sylt,
Sind für den schönen Trip nichts auserkoren,
An ihrem öden Leben selber schuld.

So wie auch du, mein Anlass für Gedichte,
Mein Grund zum Sterben, ohne dass ich’s tat.
Ich danke dir, dass unsere Geschichte
So kreativ nicht angefangen hat.