Meine Katze

Meine Katze – ein stolzes Tier,
Ihres Lebens der Hauptdarsteller,
Eine Königin im Revier:
Drei Etagen mit Garten und Keller.

Weiße Söckchen und weicher Bauch,
Mit dem Fell könnte sie nach Alaska!
Grüne Augen funkeln im Rauch
Einer venezianischen Maske.

Warme Heizung pulsiert am Genick,
Ausgestreckt auf dem flauschigen Kissen,
Sie ist faul, sie ist frech, sie ist dick,
Allemal ohne schlechtes Gewissen.

Sie genießt ihre Freiheit am Tag,
Wenn ich unsere Brötchen verdiene.
Ich bin abends ein müdes Wrack,
Sie – die flotte verspielte Biene.

Und am Morgen weckt sie mich auf,
Auch am Sonntag, um Punkt halb sieben!
Wenn ich dich mal erwische, pass auf,
Kriegt dein dicker Popo ein paar Hiebe!

Für die anderen Katzen ein Grund
Fernzubleiben, sonst wird was geschehen.
Auch der alte benachbarte Hund
Hat schon Angst aus dem Haus rauszugehen.

Dosenfleisch mit Getreidegemisch
Ignoriert meine kleine Mätresse.
Sie stibitzt mir den Schinken vom Tisch
Und lässt mich ohne Abendbrotessen.

Fairerweise bringt sie ab und zu
Mir zum Frühstück halbtote Mäuse,
Frisst sie selbst, denn die Tür ist zu,
Wenn ich zufällig nicht zu Hause.

Ihren Schwarm sucht sie selber aus.
Ihre Babys – zwei prächtige Racker:
Katzenjunge – wie sie, schwarz-weiß,
Pantermädchen so hübsch wie ihr Macker.

Dieses Biest hinterlässt überall
Hieroglyphen an Wänden und Türen.
Ihretwegen musste ich mal
Meine Wohnung komplett renovieren.

Und beschloss dann: ich gebe sie wech!
Von wem hat sie das Toben und Kratzen!?
Ob von mir? Oder war so frech
Ihre leibliche Mutter-Katze?

Nun, wir leben zu zweit immer noch,
Relativ unabhängig geblieben.
Schnurrend liegt sie bei mir auf dem Bauch
Jeden Abend, weil wir uns doch lieben.

03.11.2016

Ein Dankeschön an Erich Fromm

Ein Ass im seelischen Revier
Schrieb Erich Fromm bereits vor Jahren:
Das, was wir lieben, müssen wir
Nicht in der Wohnung aufbewahren.
Besitz macht spießig und darum
Im Louvre bleibt die Mona Lisa,
Das Alpenveilchen auf der Wiese
Und in Paris der Eifelturm.
Mein Favorit – das Mittelmeer
Liegt leider Gottes weit von Essen
Es zu besitzen, wäre sehr
Selbstsüchtig und unangemessen.
Ist halb zerfallen und amorph
Die alte Mauer der Chinesen,
Doch auch bei uns, in Altendorf,
Als Gartenzaun bestimmt zu crazy.
Die Liste schreibe ich nicht fort
Von dem, was mir ans Herz gewachsen,
Bin nämlich weise und erwachsen –
Ver- und entliebe mich vor Ort.
Für deinen gut gemeinten Rat
Sei dir gedankt, mein lieber Erich.
Ja, viele Dinge sind zu sperrig
Und passen nicht in mein Format.
Das gleiche gilt wohl auch für Männer,
Ob einfach oder kompliziert.
Man muss nicht sein ein Seelenkenner,
Um es zu wissen, nur liiert.
02.11.2016

Heute

Heut‘ bin ich friedlich, schweigsam und gelassen,
Genieße auch die Einsamkeit zu zweit,
Bereit zu nehmen oder loszulassen
Und akzeptiere die Gegebenheit.
Dass ich die Bäume lieber mag als Menschen,
Dass tote Dichter Freunde können sein,
Der Winter kommt, so bitterkalt, und wenn schon,
Noch knistert der Kamin und wärmt der Wein.
Herrgott! Vielleicht auch ich werd‘ endlich weise,
Demütig, ruhig und charakterstark,
Und lebe unspektakulär und leise
Wie dieser alte leer geword’ne Park.
Das sanfte Gelb liegt sterbend auf der Erde.
Sich sattgesehnt nach trügerischem Schein,
Mein Blick sieht klar – es kann nur besser werden.
Und mehr fällt mir zu diesem Tag nicht ein.
02.11.2016

*****

Der Herbst belagert meine Seele,
Und wie ein kleines Häufchen Elend
Kriecht sie, aufs Minimum geschrumpft,
In einen kreativen Sumpf,
Bewohnt von flüchtigen Chimären
Des Kopfes rechter Hemisphäre,
Die mich verführen wiederum
Und lachen sich wahrscheinlich krumm,
Weil ich, ein Sklave meiner Gene,
(Das muss ich nebenbei erwähnen)
Den ganzen Tag und halbe Nacht
Nach Reimen suche, bleibe wach,
Zermahle Träume und Gefühle
Zum Vers in meines Geistes Mühle,
Mal melancholisch und mal nein
Und liebe diese süße Pein –
Mein Trotz dem Alltag und Revolte.
Auch wenn es keiner lesen wollte!
27.10.2016

Das Gebet Nr. 2

Sehnsucht verformt den Mund,
Und nach Erklärung suchend,
Bete ich: „Bleibe und
führe mich nicht in Versuchung.
 
Lass‘ es bitte nicht zu,
Werde nicht zum Verhängnis,
Frage mich nicht, wozu
Dieses Anti-Bekenntnis.
 
Die Verräterin-Nacht
Tarnt sich mit deiner Stimme.
Wer verlieh ihr die Macht
Über mich zu bestimmen?
 
Durch die Träne ein Hauch:
Ich bekenne mich schuldig
Und vergebe dir auch,
Mich nicht stärkende Schulter.
 
Und bekämpfe die Kraft
Meiner Gefühle. Amen.“
Stille… und katzenhaft
Kriecht in mein´ Kopf dein Name.
 
20.10.2016

Das Gebet Nr. 1

Träume. Romantisch-obszön.
Was nicht ist, kann noch werden,
Wie im Himmel so schön,
Doch wohl eher auf Erden.
 
Ohne Verzicht – kein Gewinn.
Ohne Dorn – keine Gnade.
Nach dem Ende – Beginn.
Nach dem Kreis – Promenade.
 
Lieber allein – als tot.
Ohne Einheit – kein Ganzes.
Gib mir mein täglich Brot:
Leben, und lieben, und tanzen.
 
20.10.2016

Die Eitelkeit der Sinne

Wie eine träge Katze auf der Lauer,
Liegt der Oktober wartend vor der Tür.
Der alte Park, so feierlich und traurig,
Übt mit den Blättern eine Abschiedskür.
 
Mit seinem kreischenden „Hasta la vista“
Verlässt das Bild ein Vogel-Vagabund,
Und würdig eines Expressionisten
Erhellt das kühle Blau den Hintergrund.
 
Ein Windeshauch berührt die bunten Kronen,
Die Farbenpracht – das reine Plagiat:
Fauvistisch-provozierend grelle Töne
Auf eine unverwechselbare Art.
 
Bekanntlich ist die Kunst eine Domäne,
Doch ich behaupte mal, dass jedermann,
Der diesen Ahorn mit der roten Mähne
Nur einmal sah, ein Maler werden kann.
 
Die Luft ist klar, die ganze Welt hält inne
Als hätte sie zum Wachsein keine Lust.
Die überspitzte Eitelkeit der Sinne
Wird mir in diesem Augenblick bewusst.
 
Wie unterschätzt und manchmal als unwichtig
Und trivial und öde abgetan,
Empfinden wir das Einfache und Schlichte,
Die Zeit mit Unbeständigem vertan.
 
Wir lechzen nach dem Duft der fremden Wälder,
Bewundern Meere und den Wüstensand,
Und aus der nächsten Nähe Marcs Gelände
Bleibt dilettantisch-unverdient verkannt.
 
Wir suchen außerhalb nach neuen Reizen.
Die Gier nach mehr – rein menschliches Delikt!
Und merken nicht, dass Scharm allein und einzig
In wachen Augen des Betrachters liegt.
 
Borbeck, 14.10.2016
(Bild von Lilija Grieger)

Zu diesem Bild

Du denkst wohl, du verstehst mein abgezehrtes Ich,
Des Fremden kalter Blick, Voyeur und Menschenkenner,
Und liest wie ein Roman mein trauriges Gesicht –
Das Fach Psychologie ist jedermann Domäne.

Du siehst in mir den Hohn und eine stolze Frau,
Noch jung, doch zu enttäuscht, um noch einmal zu lieben,
Verbittert und vergrämt stellt sie sich hier zur Schau,
Aus ihrem Paradies der Hoffnungen vertrieben.

Du glaubst, mich zu durchschau`n, die Eitelkeit erkannt,
Bemalte Schulter als ein Zeichen dieser deutend.
Und unterschätzt vielleicht des Künstlers weise Hand,
Die meinen tiefen Schmerz dir offenbaren scheute.

20.10.2016

Die Sucht nach Sehnsucht

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Illistriert von Lilija Grieger

Ich bin schon wieder auf der Flucht
aus dem Nirwana,
Zur Unbeständigkeit verflucht,
den Abgrund ahnend.

Aus einem unbeschwerten Nichts,
nach Leben gierig,
Will ich in mein fragiles Ich
reinkornieren.

Ich war so lange auf Entzug,
geheilt und dennoch
Bleibt bis zum letzten Atemzug
die Sucht nach Sehnsucht.

06.10.2016

Eine Fantasie

Ich weiß, wir sind uns noch so fremd.
Verliebt in dein Hawaii-Hemd,
Die fremde Frau in meinem Kopf
Berührt unsittlich dessen Knopf.
Vernünftig, wie ich meistens bin,
Seh‘ ich im Träumen keinen Sinn,
Erwache aus der Amnesie
Und bändige die Fantasie.
Verlegen kämpfe ich mit ihr,
Doch dieses Luderchen in mir,
verspielt und sehnlich-ungestillt,
Kreiert bereits das nächste Bild,
Wo alles möglich und erlaubt
Und wie im Herbst der bunte Laub
Die Kleidung zu den Füssen fällt,
Und suggeriert mir eine Welt,
in der so selbstverständlich leicht
Nur das Verlangen zählt und reicht,
Um ohne Worte, ohne Zier,
Gedankenlos-unkompliziert
Zu lieben, wie das letzte Mal
Im Garten Eden vor dem Fall.

28.09.2016